Leitsatz (amtlich)
1. Führt ein Hersteller ein verändertes Produkt ein, bei dem er für die Einhaltung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften auf eine bisher zusätzlich erforderliche Sicherungsmaßnahme verzichten kann (hier: Netzfreischaltung), so stellt sich die Bewerbung mit den Zusätzen "ohne Netzfreischaltung" bzw. "erübrigt Netzfreischaltung" nicht als unzulässige Herabsetzung bzw. als unzulässiger Werbevergleich ggü. denjenigen Herstellern dar, die nach wie vor mit dieser Technik arbeiten.
2. Dieser Grundsatz gilt selbst dann, wenn die Verwendung der zusätzlichen Sicherungsmaßnahme weiterhin eine höhere Sicherheit bietet.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 13.08.2003; Aktenzeichen 315 O 209/03) |
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 13.8.2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber in der Herstellung und im Vertrieb von Pflegebetten. Die Antriebstechnik für die Betten der Antragstellerin wird überwiegend mit einer sog. Netzfreischaltung angeboten. Dabei wird durch eine Relaisschaltung in der Steckdose gewährleistet, dass die Stromzufuhr nicht dauerhaft, sondern nur für den Moment der Betätigung des Handschalters durch den Patienten aktiviert ist. Die Betten der Antragsgegnerin waren in der Vergangenheit vorwiegend mit einem sog. EI-Kerntrafo ausgestattet. Zur Reduktion der mit dieser Technologie nicht bzw. nur schwer einzuhaltenden Grenzwerte der Stör- und Streufelder im Ruhestadium hatte auch die Antragsgegnerin in der Vergangenheit zusätzlich eine Netzfreischaltung eingesetzt. Nunmehr verwendet die Antragsgegnerin für ihre Betten einen sog. Ringkern-Trafo, der eine ggü. dem EI-Trafo erheblich geringere Ruhestromaufnahme ausweist.
In einem vierseitigen Farbprospekt unter der Bezeichnung "Sicherheitskonzept" (Anlage ASt3) bewirbt die Antragsgegnerin ihre Pflegebetten neben einer Vielzahl weiterer (technischer) Hinweise u.a. mit der Aussage:
Sicherheit ohne Netzfreischaltung
Ringkerntrafo mit geringer Ruhestromaufnahme und minimalen Streufeldern erübrigt den Einsatz einer empfindlichen Netzfreischaltung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Äußerungszusammenhangs wird auf die Anlage ASt3 Bezug genommen. Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin als wettbewerbswidrig. Sie hält die angegriffene Werbebehauptung für irreführend und pauschal herabsetzend.
Die Antragstellerin hat in erster Instanz beantragt, die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre), zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Werbung für ihr Pflegebett zu äußern:
"Sicherheit ohne Netzfreischaltung" Ringkerntrafo mit geringer Ruhestromaufnahme und minimalen Streufeldern erübrigt den Einsatz einer empfindlichen Netzfreischaltung."
wie auf S. 2a) wiedergegeben.
Bereits vor dieser Antragstellung hatte sich die Antragsgegnerin am 17.4.2003 auf die Abmahnung der Antragstellerin strafbewehrt verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu äußern, dass Netzfreischaltungen bzw. das technische Prinzip der Netzfreischaltung "empfindlich" sind.
Das LG hatte die Antragsgegnerin zunächst mit einstweiliger Verfügung vom 29.4.2003 entsprechend dem gestellten Antrag zur Unterlassung verpflichtet, diese Verfügung auf den mit einem Abweisungsantrag verbundenen Widerspruch der Antragsgegnerin aber mit Urteil vom 13.8.2003 wieder aufgehoben und den Verfügungsantrag zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin. Die Antragstellerin verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihren Verfügungsantrag weiter, den sie im Hinblick auf die außergerichtliche Teilunterwerfung nunmehr ohne das Wort "empfindlichen" zur Entscheidung stellt. Die Antragsgegnerin verteidigt auf der Grundlage des bereits erstinstanzlich gestellten Abweisungsantrags das landgerichtliche Urteil.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat den Verfügungsantrag im Ergebnis zu Recht abgewiesen und die ursprünglich erlassene einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der Antragsgegnerin wieder aufgehoben. Mit der zum Gegenstand des Verfügungsantrags gemachten Werbebehauptung wirbt die Antragsgegnerin weder entgegen § 3 UWG irreführend noch setzt sie die Antragstellerin mit ihren Produkten in sittenwidriger oder sonst wie anstößiger Weise herab. Auch die Voraussetzungen eines nach diesen Normen i.V.m. § 2 UWG unzulässigen Werbevergleichs liegen nicht vor. Das Berufungsvorbringen der Antragstellerin rechtfe...