Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 17.09.1999; Aktenzeichen 416 O 166/99)

 

Tenor

Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 17. September 1999 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 60.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Antragsteller, ein nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG legitimierter Verein, der satzungsgemäß die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, darunter zahlreiche Pharma-Unternehmen, zu wahren und darauf zu achten hat, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden, nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassen in Anspruch, weil diese Mittel anbiete, die eindeutig arzneilichen Zwecken dienten. Der Antragsteller hält das für rechtswidrig, weil es sich um nicht zugelassene Arzneimittel für Dopingzwecke handele, während die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, sie biete Lebensmittel an, die als Nahrungsergänzung für Sportler dienten.

Das Landgericht hat es abgelehnt, der Antragsgegnerin zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr die nachstehend aufgeführten Mittel ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäß § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben.

  1. „C” und/oder

    „C” und/oder

    „C”

  2. „L-”
  3. „C”
  4. „A”

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Berufung.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen für ein Werbeverbot nach § 3 a HWG und für ein Vertriebsverbot nach §§ 2, 21 AMG i.V.m. § 1 UWG sind nicht erfüllt, weil sich nicht feststellen lässt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel handelt.

Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe und Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper Körperschäden zu verhüten (Nr. 1), vom menschlichen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen (Nr. 3) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen (Nr. 5). Danach würde im Regelfall jedes Nahrungsmittel dazugehören, das dazu dient, den Körper gesund und funktionsfähig zu erhalten. Andrerseits ergibt sich aus § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG, daß ein Lebensmittel im Sinne von § 1 LMBG nicht zugleich ein Arzneimittel sein kann. Nach dieser Vorschrift sind Lebensmittel Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden, es sei denn, dies geschehe überwiegend zu anderen Zwecken als denen der Ernährung oder des Genusses.

Entscheidend für die Abgrenzung und Einordnung eines Produktes als Arzneimittel oder Lebensmittel bleibt seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Die maßgebende Verkehrsanschauung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (BGH, Urteil vom 10.02.2000 – I ZR 97/98 – WRP 2000, 510, 512 – L-Carnitin; GRUR 1995, 419, 421 – Knoblauchkapseln).

Die L-…-Entscheidung des Bundesgerichtshofs befasste sich mit dem Verbot, „B. mit einer Tagesdosis von 500 mg L-… pro Capsette” ohne arzneimittelrechtliche Zulassung zu vertreiben. Dort reichten die Feststellungen des Berufungsgerichts für ein solches Verbot nicht aus, weil nicht gesichert sei, dass ein verständiger Verbraucher B. für ein Arzneimittel halte, wenn es in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung habe. Dazu müsse ein Sachverständiger befragt werden.

Dem Bundesgerichtshof genügten auch die Feststellungen über das Erscheinungsbild nicht als Grundlage für ein Verbot, deshalb hat er sich nicht festgelegt, ob die Aufmachung als Arzneimittel ein Präparat auch dann zu einem solchen mache, wenn es wirkungslos sei. Er hat zwar verneint, dass die Bezeichnung „diätetisches Lebensmittel” ausreiche, wenn es Anhaltspunkte für ein Arzneimittel gebe, die Bezeichnung als Lutschcapsetten, den Vertrieb über Apotheken und die Blisterpackung dafür aber nicht genügen lassen.

Werbeaussagen zu dem Mittel hat der Bundesgerichtshof nicht geprüft, weil sie nicht in den Antrag übernommen waren. Daraus ergibt sich jedenfalls, dass Umstände, die dem Verkehr erst deutlich machen, es mit einem Arzneimittel zu tun zu haben, in dem Verbot bezeichnet werden müssen. Der Senat hatte dies in seinem Urteil vom 27. Januar 2000 (ZLR 2000, 386 ff. – Bodybuilding-Präparate) anders gesehen und den Vertrieb von Mitteln, die in der Werbung als ...

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