Leitsatz (amtlich)

1. Durch eine einstweilige Urteilsverfügung, die durch Weglassung eines im Antrag genannten Bezugs auf die konkrete Beanstandungsform einen über den Antrag hinausgehenden Verbotsbereich erhält, ist der Antragsteller beschwert und kann das Verfügungsurteil mit der Berufung angreifen.

2. Der werblichen Behauptung, in einem Angebotssegment "Standards gesetzt" zu haben, ist nicht ohne Weiteres eine Alleinstellungsberühmung im Sinne einer absoluten Vorrangbehauptung zu entnehmen.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 04.03.2003; Aktenzeichen 416 O 46/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 4.3.2003 (LG Hamburg, Urt. v. 4.3.2003 - 407 O 37/03) wie folgt abgeändert:

Die einstweilige Verfügung wird hinsichtlich der Ziff. 1, 2. Alternative wie folgt neu erlassen:

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 250.000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchsten zwei Jahre) verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf dem Gebiet der Vermittlung von Telefongesprächen mit folgenden Angaben zu werben und/oder werben zu lassen:

"So können Sie beispielsweise tagsüber von Montag bis Freitag von 7-19 Uhr für 3,09 ct/min im Ortsbereich telefonieren. An allen übrigen Zeiten sogar für nur 1,59 ct/min. Auch alle Ferngespräche sind unerreicht günstig (z.B. nach USA für 4 ct/min".

Im Übrigen werden die Berufung sowie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, soweit er nicht zurückgenommen wurde.

Von den Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt die Antragstellerin 3/4 und die Antragsgegnerin 1/4.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 200.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, das größte deutsche Telekommunikations-Unternehmen, betreibt ein bundesweites Telefonnetz und stellt den Verbrauchern auch die Telefonanschlüsse zur Verfügung. Die Antragsgegnerin vermittelt ebenfalls Telefongespräche im Festnetz, und zwar sowohl im Wege der sog. "Pre-Selection" als auch im Call by Call-Verfahren. Hinsichtlich der von den Parteien angebotenen Tarife wird auf die Anlagen K 2, K 3, K 4, K 7, AG 4 und AG 5 Bezug genommen.

Am 23.1.2003 erschien im redaktionellen Teil der wöchentlich verkauften Zeitung "Horizont", welche sich ausweislich ihrer Eigenwerbung gem. Anlage AG 3 als "Zeitung für Marketing, Werbung und Medien" bezeichnet, der aus den Anlagen K 12, AG 1 ersichtliche Artikel. In dem Beitrag, der mit "Tele 2 greift nach den Kunden der Telekom" überschrieben ist, wird der Marketingleiter der Antragsgegnerin, Herr M., wie folgt zitiert:

"Es gibt keine Werbeform, mit der wir die Preisführerschaft von T. ggü. dem Verbraucher effektiver kommunizieren können als der direkte und provokative Vergleich mit dem Wettbewerber".

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Anlagen Bezug genommen.

Ende Januar 2003 fand bei dem Unternehmen "e." Internetauktionen statt, in der ein unter dem e.-Namen '" handelnder S. zum einen "Ortsgespräche ab 1,59 ct/min" (Artikelnummer ...) anbot. In der Produktbeschreibung wurde als Anbieter "eine der führenden Telefongesellschaften in Europa" benannt. Weiter hieß es dort unter "Vorteile für Sie":

"So können Sie beispielsweise tagsüber von Montag bis Freitag von 7-19 Uhr für 3,09 ct/min im Ortsbereich telefonieren. An allen übrigen Zeiten sogar für nur 1,59 ct/min. Auch alle Ferngespräche sind unerreicht günstig (z.B. nach USA für 4 ct/min".

S. suchte außerdem mittels e.-Auktionen "Vertriebspartner". In der Beschreibung des Auktionsgegenstandes hieß es u.a.:

"Unser Anbieter ist eine der führenden Telefongesellschaften Europas und bereits seit Öffnung des freien Marktes in Deutschland tätig. Sie hat im Festnetzbereich mit günstigen Tarifen Standards gesetzt und ist beim Kunden durch Service und ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bekannt. Verdienen Sie durch die Vermittlung dieser günstigen Telefontarife!

Vorteile für Ihre Kunden:

I. Günstige Tarife (durchschnittlich mehr als 50 % Ersparnis ggü. Telekom)

II. ...".

Auf die Anlage K 14 wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

In den Informationen zu den e.-Auktionen war die Antragsgegnerin nicht ausdrücklich als diejenige Telefongesellschaft benannt worden, welche in den Auktionen gemeint war. Über die Option "Fragen an den Verkäufer" konnten Interessierte jedoch nachfragen und erhielten dann die aus der Anlage K 14 ersichtliche E-Mail der Firma I. S., in der offen gelegt wurde, dass es um die Vermittlung von Telefontarifen der Antragsgegnerin geht.

Weiter verbreitete eine Vertriebspartnerin der Antragsgegnerin einen Werbeflyer, in dem die Aussage "Absolut unschlagbar - Der neue T.-Tarif" enthalten...

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