Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftspflicht des Alleinerben gegenüber den Pflichtteilsberechtigten
Leitsatz (redaktionell)
Die im Rahmen von § 2314 BGB von den Erben zu erteilenden Auskünfte sollen den Pflichtteilsberechtigten in die Lage versetzen aufgrund eigener Urteilsbildung seinen Anspruch berechnen zu können. Von der Auskunftspflicht werden auch solche Gegenstände umfasst, an denen die Erblasserin Mitbesitz haben könnte, da sich die rechtliche Wertung der Eigentumslage nach den Vereinbarungen der Parteien richtet.
Normenkette
BGB § 2314
Verfahrensgang
LG Hamburg (Teilurteil vom 20.10.1988; Aktenzeichen 96 O 101/87) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Teilurteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 32, vom 20. Oktober 1988 abgeändert.
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Klägern Auskunft zu erteilen über den Nachlaß der am … gestorbenen Frau … mit Ausnahme der bereits erledigten Komplexe Grundstück … und Darlehensgewährung im Zusammenhang mit der Auflassung des Grundstücks … von der Erblasserin an den Beklagten zu 2) in Form eines mit Wertangaben versehenen Verzeichnisses.
2. Der Beklagte zu 1) trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Es beschwert den Beklagten in Höhe von DM 5.000,–.
Gründe
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Beklagte zu 1) ist als Erbe seiner am … gestorbenen Ehefrau gemäß § 2314 BGB verpflichtet, den durch letztwillige Verfügungen von … und … von der Erbfolge ausgeschlossenen Pflichtteilberechtigten Klägern Auskunft über den Nachlaß der Erblasserin zu erteilen. Zwar hat der Beklagte zu 1) über das Grundstück … in Großhansdorf, das im Eigentum der Erblasserin stand, ein Wertgutachten eingeholt und danach an die Kläger je DM 47.957,78 auf ihren Pflichtteil gezahlt. Auf die Frage nach weiteren Nachlaßgegenständen, insbesondere Hausrats- und Einrichtungsgegenständen, hat der Beklagte zu 1) erklären lassen, im Nachlaß der Erblasserin befänden sich keine in ihrem Eigentum stehenden Hausrats- und Haushaltsgegenstände (vgl. Schreiben vom 21.9.1987, Anlage K 13). Darin ist jedoch nicht bereits eine Erfüllung des Auskunftsanspruches mit der Folge zu erblicken, daß die Kläger wegen einer etwaigen Vervollständigung der Auskunft auf das Verfahren betreffend die eidesstattliche Versicherung zu verweisen wären. Vielmehr hat der Beklagte zu 1) einen ganzen Komplex, auf den sich Rechte der Erblasserin beziehen könnten, die in die Pflichtteilsberechnung einbezogen werden müßten, bewußt ausgespart. Obwohl die Erblasserin an den in dem Wohnhaus … befindlichen Hausrats- und Einrichtungsgegenständen Mitbesitz hatte, hat er es abgelehnt, diese Gegenstände in seine Auskunft einzubeziehen. Er hat dazu die Aussicht vertreten, diese Gegenstände fielen bereits deshalb nicht in den Nachlaß, weil alles mit seinen Mitteln angeschafft worden sei, über eigene Einkünfte habe die Erblasserin nicht verfügt. Ob sich im Hause noch Gegenstände befunden hätten, die der Erblasserin früher einmal geschenkt worden seien, könne er aus der Erinnerung nicht sagen. Jedenfalls hätten Geschenke in keinem Fall einen nennenswerten Umfang gehabt (vgl. Schreiben vom 9.11.1987 (Anlagenkonvolut B 1)). Aus dieser Äußerung tritt zu Tage, daß der Beklagte zu 1) zu dem Teilbereich „Mitbesitz der Erblasserin an Hausrats- und Einrichtungsgegenständen” deshalb keine Auskünfte gegeben hat, weil er sich über den Umfang seiner Auskunftspflicht geirrt hat.
Die im Rahmen von § 2314 BGB von den Erben zu erteilenden Auskünfte sollen den Pflichtteilsberechtigten in die Lage versetzen, aufgrund eigener Urteilsbildung seinen Anspruch berechnen zu können. Die Möglichkeit der eigenen Urteilsbildung hat der Beklagte zu 1) dadurch ausgeschlossen, daß er – soweit der Mitbesitz der Erblasserin grundsätzlich ein Anknüpfungspunkt für etwaige Rechte der Erblasserin sein könnte – Inhalt und Grenzen seiner Auskunftspflicht durch seine eigene rechtliche Wertung der Eigentumslage bestimmt hat. Entgegen der Ansicht des Landgerichts läßt sich aufgrund der bisherigen Sach- und Rechtslage nicht feststellen, daß die eigentumsmäßige Zuordnung der Hausrats- und Einrichtungsgegenstände durch den Beklagten zu 1) zutreffend gewesen sei. Auch bei Gütertrennung bestimmt sich der Eigentumserwerb nicht allein danach, welcher der beiden Ehegatten den Gegenstand bezahlt hat. Soweit es sich um Sachen handelt, die der Beklagte zu 1) selbst gekauft hat, wird es – da der Verkäufer meist an den übereignet, den es angeht – darauf ankommen, ob der Beklagte zu 1) für sich allein Eigentum oder für sich und die Erblasserin Miteigentum oder gar als Vertreter der Erblasserin für diese Alleineigentum erwerben wollte. Gerade die letzte Alternative ist – wie dem Senat u. a. aus Drittwiderspruchsklagen bekannt geworden ist – in Ehen, in denen einer der Partner ein besonderes geschäftliches Risiko trägt, nicht ungewöhnlich. Soweit es sich um Gegenstände handelt, die die Erblasserin im Rahmen ihrer Schlüsselgewalt besorgt hat, sprich...