Leitsatz (amtlich)
1. Der Insolvenzverwalter eines Publikums-Fonds hat gegen die Kommanditisten keinen Anspruch auf Rückgewähr von Ausschüttungen, die diese durch eine anfechtbare Handlung erlangt haben soll (hier unentgeltliche Leistung), wenn die Insolvenzmasse zur Gläubigerbefriedigung ausreicht.
2. Bei der Feststellung, ob die Insolvenzmasse ausreicht, bleiben vom Insolvenzverwalter bestrittene Forderungen der Kommanditisten auf Rückzahlung der Einlage unberücksichtigt, wenn diese Forderungen tatsächlich nicht bestehen und eine Feststellungsklage auch im Hinblick auf den seit den Anmeldungen vergangenen Zeitraum (hier mehr als vier Jahre) nicht mehr droht (Fortführung von OLG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2018 - 11 U 150/16 -, Rn. 10).
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23.11.2017, Az. 326 O 54/17, unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
5. Der Wert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 343.472,22 Euro.
Gründe
I. Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der Fondsgesellschaft S&K ... KG im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung von Ausschüttungen in Höhe von 343.472,22 Euro, die der Beklagte aus einer mittelbaren Beteiligung an der Fondsgesellschaft erhalten hat, sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Auf Grundlage einer Beitrittserklärung vom 11. Oktober 2009 erwarb der Beklagte eine mittelbare Beteiligung in Höhe von 1 Mio. Euro an der Schuldnerin. Das Fondskonzept sah vor, dass die Anleger sich nicht als Direktkommanditisten, sondern über eine Treuhandkommanditistin als Treugeber beteiligten.
Der Beklagte erhielt in den Jahren 2009 bis 2013 auf sein Anlagekapitel 14 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 343.472,22 Euro.
Im Übrigen wird für den erstinstanzlichen Sach- und Streitstand auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben und den Beklagten zu einer Zahlung von 343.472,22 EUR verurteilt. Die Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruchs des Klägers aus §§ 143, 129 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO lägen vor. Die Auszahlungen an den Beklagten würden unentgeltliche Leistungen der Schuldnerin darstellen, da der Beklagte keinen entsprechenden Anspruch gehabt habe. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Auszahlungen in Übereinstimmung mit der geschäftsführenden Kommanditistin erfolgt seien. Der Schuldnerin sei auch kein Gegenwert für die Auszahlungen durch einen schuldrechtlichen Rückforderungsanspruch zugeflossen.
Die Auszahlungen hätten auch zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Da Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung bereits Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sei, spreche eine tatsächliche Vermutung für eine Gläubigerbenachteiligung der angefochtenen Rechtshandlung. Diese Vermutung habe der Beklagte nicht entkräftet.
Der Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 1. Dezember 2017 zugestellt worden ist, hat der Beklagte mit einem am 19. Dezember 2017 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerungen bis zum 3. April 2018 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.
Er ist der Auffassung, das Landgericht habe das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO unzutreffend bejaht.
Der Kläger sei bereits nicht aktivlegitimiert. Die Vermögensminderung sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht bei der Schuldnerin eingetreten, sondern bei der Investitionsgesellschaft, der R... GmbH.
Es fehle zudem an seiner, des Beklagten, Passivlegitimation, da nicht er, sondern die Treuhandkommanditistin die Auszahlungen empfangen habe. Die Treuhänderin habe ihrerseits eigenständig Auszahlungen an ihn vorgenommen.
Das Urteil des Landgerichts enthalte auch keinerlei Feststellungen, ob überhaupt ein Insolvenzgrund in Form der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe. Mit Blick auf das Ausreichen der Masse sei der Kläger nicht seiner vollen Darlegungs- und Beweislast nachgekommen. Insbesondere rügt der Beklagte die Annahme eines Anscheinsbeweises durch das Landgericht bei dem hier hochkomplexen Vorgang.
Die bei der Insolvenzeröffnung vorhandene Masse hätte zur Befriedigung der einzig unbestrittenen Drittgläubigerforderung des Steuerberaters in ...