Leitsatz (amtlich)

Ein Insolvenzverwalter kann sich im Anfechtungsprozess gegen die Kommanditisten der Schuldnerin auf Rückzahlung von Ausschüttungen auf eine von ihm selbst herbeigeführte Gläubigerbenachteiligung (hier: Rücknahme von ihm selbst erhobener Widersprüche gegen nicht bestehende Forderungen der Kommanditisten) nicht berufen. Eine solche Zurücknahme stellt sich als offensichtlich insolvenzzweckwidrig und damit im Lichte des § 1 Satz 1 InsO zugleich als rechtswidrig dar.

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23.11.2017, Az. 326 O 275/17, unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

5. Der Wert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 34.729,17 Euro.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der Fondsgesellschaft S&K ... GmbH & Co. KG im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung von Ausschüttungen in Höhe von 34.729,17 Euro, die der Beklagte aus einer mittelbaren Beteiligung an der Fondsgesellschaft erhalten hat, sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Der Beklagte erwarb mittelbare Beteiligungen an der Schuldnerin in einer Gesamthöhe von 100.000,- Euro. Das Fondskonzept sah vor, dass die Anleger sich nicht als Direktkommanditisten, sondern über eine Treuhandkommanditistin als Treugeber beteiligten.

Der Beklagte erhielt in den Jahren 2009 bis 2013 auf sein Anlagekapitel Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 34.729,17 Euro.

Im Übrigen wird für den erstinstanzlichen Sach- und Streitstand auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben und den Beklagten zu einer Zahlung von 34.729,17 Euro verurteilt. Die Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruchs des Klägers aus §§ 143, 129 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO lägen vor. Die Auszahlungen an den Beklagten würden unentgeltliche Leistungen der Schuldnerin darstellen, da der Beklagte keinen entsprechenden Anspruch gehabt habe. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Auszahlungen in Übereinstimmung mit der geschäftsführenden Kommanditistin erfolgt seien. Der Schuldnerin sei auch kein Gegenwert für die Auszahlungen durch einen schuldrechtlichen Rückforderungsanspruch zugeflossen.

Die Auszahlungen hätten auch zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Da Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung bereits Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sei, spreche eine tatsächliche Vermutung für eine Gläubigerbenachteiligung der angefochtenen Rechtshandlung. Diese Vermutung habe der Beklagte nicht entkräftet.

Gegen dieses Urteil, das ihm am 28. November 2017 zugestellt worden ist, hat der Beklagte mit einem am 18. Dezember 2017 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 19. März 2018 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er ist der Auffassung, das Landgericht habe das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO unzutreffend bejaht.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2017 aufzuheben, soweit es den Beklagten verurteilt, und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise, das am 23. November 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 326 O 275/17 aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht Hamburg zurückzuverweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.

Er hat innerhalb der Berufungserwiderungsfrist Anschlussberufung eingelegt, mit der er sich gegen die Klageabweisung hinsichtlich der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.256,24 Euro wendet.

Der Kläger beantragt insoweit,

das am 23. November 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 326 O 275/17 abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zusätzlich vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.256,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Dieses Verfahren (sowie weitere 33 Parallelverfahren) war in Abstimmung mit den Parteien zunächst nicht gefördert worden, um den Ausgang der Nichtzulassungsbeschwerden in den am 7. Dezember 2018 vom Senat entschiedenen Parallelverfahren 11 U 256/17 und 11 U ...

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