Leitsatz (amtlich)
1. Die Verhinderung einer ungenehmigten Kontoüberziehung liegt nicht nur im eigenen Interesse der (Post-)Bank, sondern dient für den Fall des Verlusts von Kontounterlagen auch dem Schutz des Kunden, so dass dieser darauf vertrauen darf, dass die Bank alles ihr Zumutbare unternimmt, die Überziehung durch einen unberechtigten Dritten nicht unbegrenzt über den eingeräumten Verfügungsrahmen ausufern zu lassen.
2. Ein leicht fahrlässiger Verstoß der Bank gegen ihre Pflicht, die Kontoüberziehung auf den eingeräumten Verfügungsrahmen zu begrenzen, fällt im Rahmen der Mitverschuldensabwägung dann nicht ins Gewicht, wenn der Kunde grob fahrlässig gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Aufbewahrung und des Ausfüllens von Auszahlungsformularen verstoßen hat.
Normenkette
BGB § 254
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 303 O 492/01) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 3, vom 19.4.2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Postbank AG gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ausgleich eines Negativsaldos nach Beendigung eines Girovertrages geltend.
Zwischen der Deutschen Postbank AG und dem Beklagten bestand ein Postgiroteilnehmerverhältnis.
Am 29.6.1993 wies das Giro-Konto ein Guthaben von 1.775,84 DM auf. Bis zum 26.7.1994 wurden auf dem Konto verschiedene Kontobewegungen verbucht. Am 26.7.1994 bestand ein Negativsaldo von 1,30 DM.
Am 26.7.1994 wurden von dem Konto 900 DM abgehoben, am 27.7.1997 insgesamt 10.800 DM und am 29.7.1994 weitere 10.000 DM. Die Auszahlungen erfolgten jeweils aufgrund von Auszahlungsscheinen.
Mit Schreiben vom 17.8.1994 beendete die Deutsche Postbank AG das Giroverhältnis mit sofortiger Wirkung bei einem Saldostand von 21.703,80 DM.
Nach den Auszahlungen vom 27. bis zum 29.7.1994 wurde gegen den Beklagten auf Betreiben der Deutschen Postbank AG ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eröffnet. In dem Ermittlungsverfahren gab der Beklagte an, dass ihm die bereits unterschriebenen Auszahlungsscheine „im Pennermilieu” entwendet worden seien. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft gem. § 153 StPO eingestellt.
Die Klägerin macht nunmehr gegen den Beklagten folgende Forderungen geltend:
– Hauptforderung i.H.v. 21.713,80 DM
– Mahnkosten 10,00 DM
– Kosten Kontoauflösung 10,00 DM
– Überziehungszinsen bis zur Kontoauflösung 141,33 DM
– Kontoführungsentgelt 10,00 DM
insgesamt 21.885,13 DM.
Sie trägt vor, die geltend gemachte Forderung sei ihr von der Deutschen Postbank AG am 9.3.2001 vor Rechtshängigkeit abgetreten worden.
Zur Begründung ihrer Forderung in Höhe der am 26., 27. und 28.7.1994 zur Auszahlung gelangten Beträge verweist die Klägerin auf die Auszahlungsscheine und behauptet hierzu, dass die Auszahlungsscheine von dem Beklagten selbst unterzeichnet worden sein. Sollten die Scheine dem Beklagten entwendet worden seien, wie er es in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren behauptet habe, sei er mit den Scheinen grob fahrlässig umgegangen, so dass er für den Schaden einzustehen habe. Die vorgerichtlichen Kosten seien durch die Einholung einer Einwohnermeldeauskunft sowie eine Postanfrage entstanden.
Die Forderung sei auch weder verjährt noch verwirkt. Der Beklagte habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass die zivilrechtliche Forderung nicht mehr gegen ihn geltend gemacht werde.
Der Beklagte bestreitet, dass die angebliche Forderung der Deutschen Bundespost AG bereits vor Rechtshängigkeit abgetreten worden sei. Einem Wechsel der Partei stimme er nicht zu.
Der Höhe nach sei die Forderung bis auf einen Betrag von 1,30 DM unbegründet. In der Klagerwiderung vom 31.1.2002 hat der Kläger zunächst behauptet, dass die Barabhebungen nach dem 26.7.1997 darauf zurückzuführen seien, dass ihm sein Portemonnaie gestohlen worden sei. Die Auszahlungsscheine seien nicht von ihm, sondern von dem Dieb unterzeichnet worden. Die Unterschrift des Diebes habe sich dabei signifikant von seiner Unterschrift unterschieden. Später trägt der Kläger hiervon abw. vor, dass er zum damaligen Zeitpunkt alkoholabhängig gewesen sei und auf der Straße gelebt habe. Aus diesem Grund habe er einige Auszahlungsscheine unterschrieben, die er zusammen mit nicht unterschriebenen Auszahlungsscheinen in der „Alten Bäckerei” in der A.-Straße untergebracht und verschlossen habe. Später habe er feststellen müssen, dass seine Sachen dort durchstöbert und die Auszahlungsscheine entwendet worden seien. Dass er die eingelösten Auszahlungsscheine unterzeichnet habe, bestreite er.
Im Übrigen treffe die Deutsche Postbank AG ein Mitverschulden. Sein Konto sei innerhalb von nur 3 Tagen um das 10fache des ihm eingeräumten Überziehungskredites überzogen worden sei. Außerdem sei die Unterschrift auf den Auszahlungsscheinen nicht überprüft worden. Schließlich könne nach den Richtlinien der Deutschen Postbank AG...