Leitsatz (amtlich)

Hat der Versicherungsnehmer (Insolvenzschuldner) die Ansprüche aus einer Lebensversicherung vor Insolvenzeröffnung nur hinsichtlich des Todesfalles sicherungshalber für ein Darlehen abgetreten, dessen Rückzahlung aus der Lebensversicherung erfolgen soll, so erfasst die Abtretung auch den Anspruch auf den Rückkaufswert, sofern Abweichendes weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart ist. Dem Sicherungsgeber steht damit im Insolvenzverfahren des Versicherungsnehmers ein Absonderungsrecht an dem Rückkaufswert zu.

Auch in diesem Fall hat der Insolvenzverwalter allerdings nach § 166 Abs. 2 InsO ein Recht auf Einziehung und Verwertung des sicherungshalber abgetretenen Anspruches auf Auszahlung des Rückkaufswertes.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 23.05.2007; Aktenzeichen 319 O 29/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des LG Hamburg vom 23.5.2007 - Az. 319 O 29/07 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger den Versicherungsschein zu der Lebensversicherung Nr. 4450740 bei der C. Lebensversicherungs-AG herauszugeben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 3.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Lebensversicherung.

Der Schuldner, über dessen Vermögen unter Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter am 1.4.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hatte bereits mit Wirkung zum 1.12.1983 die hier streitgegenständliche Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 170.000 DM abgeschlossen. Im Zusammenhang mit der Gewährung eines Darlehens der Beklagten über 375.000 DM, dessen Rückzahlung aus der vorgenannten Lebensversicherung sowie aus zwei weiteren neu abgeschlossenen Lebensversicherungen erfolgen sollte, hatte der Schuldner mit "Abtretungserklärung" vom 7.5.2001 (Anl. K 4) "alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche für den Todesfall" unter Übergabe des Versicherungsscheins an die Beklagte abgetreten. Der Zusatz "nur für den Todesfall" war - anders als bei der am selben Tage unterzeichneten "Abtretungserklärung" bezüglich einer der neu abgeschlossenenen Lebensversicherungen (Anl. BK 2) - in das vorformulierte Schreiben individuell eingefügt worden.

Der Kläger erklärte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages. Er möchte den Rückkaufswert zur Masse ziehen. Das war ihm bislang nicht möglich, weil die Beklagte die Herausgabe des Versicherungsscheins verweigert hat.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes zur Insolvenzmasse gehöre, weil dieser nicht von der Abtretung der "Rechte für den Todesfall" gemäß Abtretungserklärung vom 7.5.2001 erfasst worden sei. Jedenfalls stehe aber selbst dann, wenn der Anspruch nicht massezugehörig sei, ihm - dem Kläger - als Insolvenzverwalter nach § 166 Abs. 2 InsO das Recht auf Einziehung des Rückkaufswertes zu, so dass die Beklagte zumindest zur Herausgabe des Versicherungsscheins verpflichtet sei. Der Kläger verfolgt, nachdem das LG seine entsprechende Klage abgewiesen hat, seine Ansprüche mit der Berufung weiter und beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Hamburg vom 23.5.2007

1. festzustellen, dass der Beklagten an der Lebensversicherung Nr. 4450740 bei der C. Lebensversicherungs-AG keine Rechte zustehen;

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger den Versicherungsschein zu der Lebensversicherung Nr. 4450740 bei der C. Lebensversicherungs-AG herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Ergänzend zum Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache nur hinsichtlich des Klagantrages zu 2. Erfolg.

Hinsichtlich des Klagantrages zu 1. ist die Klage abzuweisen, weil die Beklagte an dem Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes der streitgegenständlichen Lebensversicherung zur abgesonderten Befriedigung gem. §§ 50 Abs. 1, 51 Nr. 1 InsO berechtigt ist.

Der Beklagten ist mit der Abtretungserklärung vom 7.5.2001 (Anl. K 4) der nach Kündigung der Lebensversicherung entstehende Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswert abgetreten worden. Auch wenn man mit dem Kläger - entgegen den Auffassungen der OLG Celle (vgl. RuS 2007, 295) und Hamm (vgl. Anl. K 5) in ihren Entscheidunge...

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