Leitsatz (amtlich)

1. Der Verkehr rechnet im Bereich der Unterhaltungsmusik nicht damit, dass ihm eine bereits früher erschienene CD zu einem späteren Zeitpunkt in anderer Form und unter einem anderen Titel, aber inhaltlich ansonsten vollkommen identisch erneut präsentiert wird, ohne dass hierauf in irgendeiner Weise irrtumsvermeidend hingewiesen wird.

2. Für Fehlvorstellungen dieser Art kommt es nicht auf das Verständnis umfassend informierter „Fans” der jeweiligen Musikrichtung an. Denn Tonträgerprodukte werden nicht ausschließlich durch den Musikinteressenten selbst erworben, sondern erfreuen sich auch als Geschenk einer großen Beliebtheit.

 

Normenkette

UWG § 3

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 959/00)

 

Tenor

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 51.129,19 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin vervielfältigt und vertreibt Tonträger. Zu ihrem Programm gehört u.a. der CD-Tonträger „Freestyle Dreams” (Anl. ASt2). Der Antragsgegner zu 2. produziert ebenfalls Tonträger der Musikrichtung „Freestyle” her, die er durch die ehemalige Antragsgegnerin zu 1. vertreiben lässt. Der von dem Antragsgegner zu 2. herausgebrachte Doppel-CD-Tonträger „Freestyle – Simply the best” (Anl. ASt3) enthält als CD 2 die Titel der CD „Freestyle Dreams” in identischer Aufnahme, Anzahl und Reihenfolge, ohne dass auf dem CD-Inlay hierauf hingewiesen wird. Darin sieht die Antragstellerin eine wettbewerbswidrige Irreführung des Verkehrs. Das LG Hamburg hat den Antragsgegnern auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 13.12.2000 unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr Tonträger mit dem Titel „Freestyle” und dem Untertitel „… Simply the best” einschließlich deren Umhüllung, insbesondere wie nachfolgend abgebildet, zu vervielfältigen oder vervielfältigen zu lassen und/oder zu verbreiten oder verbreiten zu lassen und/oder anzubieten oder anbieten zu lassen und/oder sonst in den Verkehr zu bringen oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder zu bewerben oder bewerben zu lassen, soweit es sich bei den auf diesen Tonträgern enthaltenen Aufnahmen ausschließlich um solche handelt, die bereits auf einem anderen Tonträger unter einem anderen Titel in gleicher Zusammenstellung und identischer Reihenfolge von den Antragsgegnern vertrieben werden, (es folgt die Abbildung der Vorderseiten beiden CDs der Anl. ASt3) und dieses Verbot auf den Widerspruch der Antragsgegner mit Urteil vom 29.3.2001 bestätigt.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner zu 2) mit seinem form- und fristgerecht eingelegten Rechtsmittel. Zur Ergänzung des Tatbestands wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat den Antragsgegner zu 2) zu Recht und mit zutreffender Begründung gem. § 3 UWG wegen irreführender Werbung zur Unterlassung verurteilt. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Antragsgegners in der Rechtsmittelinstanz bleiben erfolglos. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug. Auch das ergänzende Vorbringen des Antragsgegners im Berufungsrechtszug rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Sein Vorbringen gibt dem Senat lediglich Veranlassung zu folgenden ergänzenden Ausführungen: 1. Schutzziel des Irreführungsverbots aus § 3 UWG ist u.a. die Bewahrung des Verkehrs vor irrtumsbedingten Fehlentscheidungen, soweit diese wettbewerbsrechtlich relevant sind (BGH GRUR 2000, 436 [437] – Ehemalige Herstellerpreisempfehlung). In der vorliegende Fallkonstellation geht es dabei in erster Linie um die Vermeidung unbeabsichtigter Doppelkäufe, die dadurch entstehen können, dass dem Käufer der Doppel-CD „Freestyle – Simply the Best” bei der Kaufentscheidung verborgen bleibt, dass deren zweite CD identisch ist mit der bereits früher separat veröffentlichten CD „Freestyle Dreams”.

2. Mit der konkreten Gestaltung der Doppel-CD „Freestyle – Simply the Best” führt der Antragsgegner die angesprochenen Verkehrskreise durch das Verschweigen wesentlicher Umstände bzw. unvollständige Angaben, denen der Verkehr relevante Bedeutung für seine Kaufentscheidung beimisst, unter Verstoß gegen § 3 UWG in die Irre, weil der Verkehr ohne aufklärende Hinweise unzutreffend bzw. unvollständig unterrichtet wird, obwohl jedenfalls in der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung eine dahingehende Aufklärungspflicht besteht (vgl. dazu Köhler/Piper, UWG, § 3 Rz. 109, 114, 56).

a) Der Verkehr rechnet im Bereich der Unterhaltungsmusik – unabhängig von einer konkreten Musikrichtung – grundsätzlich nicht damit, dass ihm eine bereits früher erschienene CD zu einem späteren Zeitpunkt in anderer Form und unter einem anderen Titel, aber inhaltlich ansonsten vollkommen identisch erneut präsentiert wird, ohne dass hierauf in irgendeiner Art und Weise – z.B. durch einen Aufdruck...

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