Leitsatz (amtlich)
1. Hat das erstinstanzliche Gericht einen Verfügungsantrag nach dem Hauptantrag abgewiesen, nach dem Hilfsantrag aber eine einstweilige Verfügung erlassen, und entscheidet es nach der sofortigen Beschwerde des Antragstellers gegen die Teilabweisung und nach einem Widerspruch des Antragsgegners gegen die zugestellte einstweilige Verfügung aufgrund einer mündlichen Verhandlung insgesamt in der Sache durch Urteil, dann ist dagegen jedenfalls dann einheitlich das Rechtsmittel der Berufung gegeben, wenn mit dem angegriffenen Urteil auch die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen worden ist (Abgrenzung zu OLG Karlsruhe, MDR 2018, 86).
2. Die Dringlichkeitsvermutung ist nicht widerlegt, wenn der Antragsteller ein Gericht, das erst ca. drei Wochen nach einer sofortigen Beschwerde gegen den einen Verfügungsantrag ablehnenden Beschluss eine wiederum drei Wochen spätere mündliche Verhandlung anberaumt, nicht eigeninitiativ zu einer schnelleren und kurzfristigeren Terminierung und Verhandlung drängt.
3. Eine Preiswerbung im Internet für einen Mobilfunktarif, die mit einem Sternchenhinweis versehen ist, ist auch dann, wenn auf einer mit dem Sternchenhinweis verlinkten Internetseite weitere Preisbestandteile und Bedingungen benannt werden, irreführend, wenn eine der dort angegebenen weiteren Bedingungen (hier ein schon mit einem Häkchen versehenes Kästchen mit der Angabe: "Junge Leute") grafisch hinter den sonstigen grafisch deutlich stärker hervorgehobenen werblichen Angaben so zurücktritt, dass sie vom Verkehr leicht übersehen wird.
4. Hat der Anspruchsteller bereits einen Titel mit einem Verbot erwirkt, das einen gleichgelagerten Irreführungsaspekt zum Gegenstand hat, fehlt es für einen weiteren Verbotstitel nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, wenn dafür eine neue und eigenständige Prüfung des durch die neue konkrete Werbung bewirkten maßgeblichen Verkehrsverständnisses erforderlich ist, mag diese auch die Feststellung zur Folge haben, dass die nunmehr angegriffene neuere Werbung ebenfalls irreführend ist.
Normenkette
UWG §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 01.08.2018; Aktenzeichen 416 HKO 71/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 01.08.2018 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
verboten,
geschäftlich handelnd gegenüber Verbrauchern im Internet für den Abschluss von Mobilfunkverträgen mit einer monatlichen Grundgebühr zu werben, ohne dabei klar und deutlich auf die Bedingungen der Inanspruchnahme hinzuweisen, wenn dies geschieht wie in Anlage 1 i.V.m. Anlage 2 dargestellt.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen fallen der Antragstellerin zu 1/3 und der Antragsgegnerin zu 2/3 zur Last.
Das Urteil ist vollstreckbar.
Gründe
I. Die Antragstellerin, die wie die Antragsgegnerin über das Internet Mobilfunktelefone und Mobilfunkverträge anbietet, begehrt mit ihrem Verfügungsantrag vom 01.06.2018 von der Antragsgegnerin Unterlassung einer nach Ansicht der Antragstellerin irreführenden Werbung für ein Kopplungsangebot, das aus einem Mobilfunktarif (O2 Free M mit 15 GB) einschließlich eines Handys (Huawei P20) besteht und monatlich EUR 29,99 kosten soll. Schon am 15.05.2018 hatte sie gegen die Antragsgegnerin im Verfügungswege ein Verbot der aus den Anlagen 3a - 3c ersichtlichen Werbung erwirkt (406 HKO 73/18).
Bei der angegriffenen Werbung gemäß der Anlage 1 zum Verfügungsantrag handelt es sich - wie der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin im Termin klar gestellt hat - nicht (wie ursprünglich vorgetragen) um eine Google-Adwords-Werbung, sondern um eine sogenannte Bannerwerbung, die auf der Internetseite www.t. -handel.de erschienen ist. Jene Bannerwerbung ist gesondert in Anlage 1a dargestellt. Klickte man darauf, gelangte man zu der Werbung (Landingpage) gemäß der Anlage 2. Dort sind u.a. - kleine - Kästchen vorgesehen, die angeklickt werden können mit der Folge, dass für verschiedene Personengruppen unterschiedliche Preise angeführt werden. Eines der Kästchen, das sich neben der Angabe "Junge Leute" findet, ist zum Zeitpunkt der Weiterleitung bereits angeklickt (Häkchen). Rechts neben der Angabe "Junge Leute" befindet sich ein "i" im Kreis. Führte man den Mauszeiger darüber (mouse-over), erscheint ein Fenster gemäß der Anlage 2a. Danach betrifft das "Junge Leute Angebot" Schüler, Azubis, Studenten und alle Personen unter 28 Jahre. Entfernte man das Häkchen bei "Junge Leute", erhöhte sich der Preis für das Angebot auf EUR 34,99 (zuzüglich der jeweils angegebenen Einmalkosten von EUR 1,00 und des Anschlusspreises von EUR 29,99).
Die Antr...