Entscheidungsstichwort (Thema)
"Schlager-Schätzchen"
Leitsatz (amtlich)
1. Mit dem Angebot eines 10-wöchigen Probeabonnements für eine Zeitschrift, welches den Preis der Einzelhefte um über 40 % unterschreitet, und einer CD "Schlager-Schätzchen" als kostenlose Zugabe verletzt ein Zeitschriftenverlag seine vertraglichen Leistungstreue- und Rücksichtnahmepflichten aus der vereinbarten Preisbindung ggü. den Zeitschriftenhändlern. Soweit die Preisbindung über den Presse-Grossisten an den Zeitschriftenhändler weitergegeben worden ist, besteht ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
2. Außerdem verstößt ein solches Probeabonnement gegen §§ 3, 4 Nr. 10 UWG i.V.m. den "VDZ-Wettbewerbsregeln für den Vertrieb von abonnierbaren Publikumszeitschriften" (Fortführung der bisherigen Senatsrechtsprechung, zuletzt 5 U 181/03 "Probeabonnement", veröff. in MD 04, 990)
Normenkette
BGB §§ 242, 280 Abs. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 23.01.2004; Aktenzeichen 416 O 141/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg - Kammer 16 für Handelssachen - vom 23.1.2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Verbots wie folgt gefasst wird:
"1. wie aus der mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlage ersichtlich, ein zehnwöchiges Abonnement der Zeitschrift "Echo der Frau" zum Preis von 8 EUR (gebundener Preis 14 EUR) nebst Gewährung einer CD "Schlager-Schätzchen" ohne besondere Berechnung anzukündigen".
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 30.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger betreibt eine Lotto- und Totoannahme- sowie eine Presseverkaufsstelle. Er ist zugleich erster Vorsitzender des Bundesverbandes der Lotto- und Totoverkaufsstellen in Deutschland e.V. Die Beklagte ist ein Verlagsunternehmen, welches u.a. die Zeitschrift "Echo der Frau" herausgibt.
Der Kläger nimmt die Beklagte nach vorangegangenem Verfügungsverfahren auf Unterlassung der Ankündigung und Gewährung eines zehnwöchigen Abonnements der Zeitschrift "Echo der Frau" zum Preis von 8 EUR nebst einer kostenlosen CD "Schlager-Schätzchen" in Anspruch. Der reguläre gebundene Preis für 10 Hefte beträgt 14 EUR. Der Kläger hält das Angebot für wettbewerbswidrig, weil die Beklagte damit die den Einzelhändlern auferlegte Preisbindung unterlaufe. Auch verletze sie die Wettbewerbsregeln des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer Berufung. Sie begehrt weiterhin die Abweisung der Klage und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Beklagte ist wegen Verletzung ihrer Pflichten aus der vertraglich vereinbarten Preisbindung und wegen Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zur Unterlassung der angegriffenen Werbemaßnahme für ein Kurzabonnement verpflichtet.
1. Der Kläger ist in diesem Verfahren aktivlegimiert, und zwar sowohl aus Vertrag als auch aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.
a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Zeitschriftenhändler wie der Kläger in Bezug auf den Abgabepreis von Zeitschriften gebunden sind. Die Bindung erfolgt durch Verpflichtungserklärungen entweder zwischen dem Einzelhändler und dem Verlag oder zwischen dem Verlag und dem Presse-Grossisten, der sodann ggü. dem Verlag verpflichtet ist, diese Bindung an den Einzelhändler weiterzugeben.
Welche Verpflichtungserklärung im Falle des Klägers für das hier streitgegenständliche Objekt "Echo der Frau" maßgeblich ist, hat der Kläger zwar nicht vorgetragen, sondern nur beispielhaft einen Blanko-Revers vorgelegt, der eine entsprechende Verpflichtungserklärung beinhaltet (Anlage K 4). Soweit die Beklagte beanstandet, dass dieser nicht den Formvorschriften von § 15 Abs. 2 GWB entspreche, ist dieses schon deshalb unerheblich, weil sie nicht bestreitet, dass der Kläger einer Preisbindung auch bezüglich der Zeitschrift "Echo der Frau" unterliegt. Aber selbst wenn ihr Vorbringen so zu verstehen sein sollte, wäre es in der Sache unbegründet, da die Verpflichtungserklärung Anlage K 4 - wenn sie denn derjenigen entsprechen würde, die der Kläger für das "Echo der Frau" unterschrieben hat - der Formvorschrift des § 15 Abs. 2 GWB genügt. Diese Bestimmung fordert, dass eine vertragliche Preisbindung schriftlich zu treffen und von beiden Parteien zu unterzeichnen ist - dass insofern im Falle des Klägers die Formvorschriften nicht eingehalten wären, bezweifelt die Beklagte nicht - lässt es im Übri...