Leitsatz (amtlich)
1. Das Aufziehen von urheberrechtlich geschützten Kunstdrucken auf das Trägermedium eines Flachmembranlautsprechers ist keine unerlaubte Vervielfältigung des Werkes i.S.v. § 16 UrhG, wenn hierfür Werkstücke verwendet werden, die mit Zustimmung des Berechtigten in der vorangegangenen Vertriebsstufe als Poster rechtmäßig in den Verkehr gelangt sind.
2. In diesem Fall ist das Verbreitungsrecht der Künstler an den Kunstdrucken nach § 17 Abs. 2 UrhG unabhängig davon erschöpft, ob es sich bei der Verwendung als „Frontansicht” von Flachmembranlautsprechern um eine bei Vertragsschluss nicht bekannte Nutzungsart handelt und dahingehende Rechte nicht ausdrücklich bzw. konkludent mitübertragen worden sind.
Normenkette
UrhG § 17 Abs. 1 und 2, § 31 Abs. 4-5, §§ 32, 97 Abs. 16 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 120.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Antragstellerin nimmt als Verwertungsgesellschaft die urheberrechtlichen Nutzungsrechte bildender Künstler, u.a. der Maler Pablo Picasso, Salvador Dali und Wassily Kandinsky wahr (Anlagen ASt1 bis ASt 6 sowie ASt14). Die Antragsgegnerin stellt u.a. Lautsprecher her. Sie bietet seit einiger Zeit Flachmembran-Lautsprecher als sog. Bildlautsprecher an, die wie ein gerahmtes Bild bzw. Poster aussehen und an die Wand gehängt werden können. Das dafür verwendete Bild wird auf die dünne, gerahmte Trägerplatte des Lautsprechers aufgezogen, die zur Musikausstrahlung durch auf der Rückseite angebrachte Bauteile (Exciter) zum Schwingen gebracht wird.
Die Antragsgegnerin lässt für die Herstellung solcher Bildlautsprecher bei der Hamburger Firma „pg” Kunstdrucke von Künstlern, deren Verwertungsrechte die Antragstellerin vertritt, auf die Trägerplatten ihrer Lautsprecher aufziehen. Hierin sieht die Antragstellerin eine Verletzung der von ihr wahrgenommenen Verwertungsrechte. Das Recht zur Veräußerung von Postern mit den Motiven dieser Künstler hat die „pg” von der Fa. „UP Verlag und Handels GmbH” (im Folgenden: UP) erworben, die ihre Rechte wiederum im Wege des Lizenzerwerbs von der Antragstellerin ableitet.
Das LG Hamburg hat seine am 30.01.2001 erlassene Beschlussverfügung auf den Widerspruch der Antragsgegnerin mit Urt. v. 9.2.2001 weitgehend bestätigt und der Antragsgegnerin unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel verboten, Werke von Joan Miro, Pablo Picasso, Wassily Kandinsky oder Salvador Dali auf Flachlautsprechern aufgebracht zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder entsprechende Flachlautsprecher zu bewerben und/oder bewerben zu lassen und/oder anderweitig zum Verkauf anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder im Internet als Muster für mögliche Lautsprechermotive einzustellen und/oder einstellen zu lassen.
Hinsichtlich des Künstlers Stefan Szczesny hat das LG die Verfügung unter Zurückweisung des darauf gerichteten Antrags aufgehoben. Gegen dieses Urteil richten sich die form- und fristgerecht eingelegten Rechtsmittel beider Parteien.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist begründet, während das ebenfalls form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel der Antragstellerin in der Sache ohne Erfolg bleibt.
Die Antragstellerin kann nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG von der Antragsgegnerin verlangen, dass sie es unterlässt, Kunstdrucke von Künstlern, deren Rechte die Antragstellerin wahrnimmt, auf Flachmembranlautsprechern aufzubringen und diese zu verbreiten. Denn nach der diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhaltsgestaltung ist das Verbreitungsrecht der Künstler i.S.v. § 17 Abs. 2 UrhG erschöpft, ohne dass es darauf ankommt, ob die Lizenznehmerin UP ihrerseits mit den Reproduktionsgenehmigungen nur das Recht zur Herstellung und Verbreitung von Postern, nicht aber zur Verzierung von Lautsprechern von der Antragstellerin erworben hat.
1. Das Aufziehen von bei der „pg” erworbenen Kunstdrucken auf die von der Antragsgegnerin hergestellten und vertriebenen Flachmembranlautsprecher stellt sich nicht als widerrechtliche Verletzung eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts i.S.v. § 97 Abs. 1 UrhG dar. Mit dieser Handlung greift die Antragsgegnerin weder in das gem. § 15 Abs. 1 UrhG dem Urheber vorbehaltene Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG) noch in sein Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) ein.
a) Das Aufziehen von urheberrechtlich geschützten Kunstdrucken auf das Trägermedium des Flachmembranlautsprechers ist keine unerlaubte „Vervielfältigung” eines Werks i.S.v. § 16 Abs. 1 UrhG. Die Antragsgegnerin hat das hierbei verwendete Verfahren – von der Antragstellerin unwidersprochen – in ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz anschaulich beschrieben. Danach wird – ähnlich wie bei dem Aufziehen eines Posters oder einer Landkarte auf eine feste Unterlage – auc...