Leitsatz (amtlich)
1.
Versucht ein Presseunternehmen mit der Bezugnahme auf die Marke und den Werttitel eines anderen Unternehmens, seine eigene Zeitung anzupreisen und sich den umworbenen Verkehrskreisen dadurch zu empfehlen, dass es sich in vermeintlich positiver Weise von dem anderen Presseorgan absetzt, so kann hierin auch dann eine unangemessene Herabsetzung und Geschäftsschädigung liegen, wenn dies im Rahmen eines Werbespots in witziger Weise, künstlerisch anspruchsvoll, mit ironischem Unterton und durchaus mit einem nicht unerheblichen Wahrheitskern geschieht.
2.
Eine derart abwertende Abgrenzung, die erheblich über die herabsetzende Wirkung hinausgeht, die einem kritischen Werbevergleich immanent ist, ist jedenfalls dann nicht durch das Grundrecht der Presse- bzw. Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG gedeckt, wenn es nicht um eine (aufklärende) künstlerische Auseinandersetzung, sondern erkennbar um Eigenwerbung geht.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 07.04.2006; Aktenzeichen 408 O 97/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, vom 07.04.06 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien sind zwei bundesweit bekannte Presseunternehmen. Im Verlag der Klägerin erscheint die "BILD"-Zeitung, die Beklagte verlegt "die Tageszeitung" (TAZ). Die Beklagte warb im Jahr 2005 mit zwei Werbespots (Anlagen K6, K12, K14), deren storyboards dem landgerichtlichen Urteil als Anlage beigefügt sind, bundesweit in Kinos für ihr Produkt.
Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin im Hinblick auf die in diesen Werbespots erfolgte Bezugnahme auf die "BILD"-Zeitung als marken- und wettbewerbswidrig.
Auf Antrag der Klägerin hatte das Landgericht Hamburg der Beklagten bereits mit Beschluss vom 21.10.05 (315 O 749/05) die streitgegenständliche Werbung im Wege der einstweiligen Verfügung verboten (Anlage K7). Die Klägerin verfolgt vorliegend ihre Ansprüche im Hauptsacheverfahren, nachdem die Beklagte trotz Aufforderung (Anlagen K8/K9) eine Abschlusserklärung nicht abgegeben hatte.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
I.
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Zeitung "die tageszeitung" (TAZ) mit den aus den nachfolgenden Storyboards ersichtlichen Werbespots zu werben und/oder werben zu lassen:
[es folgen die dem landgerichtlichen Urteil als Anlage beigefügte storyboards];
II.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziff. I begangen hat und zwar unter Angabe der Art, des Zeitpunkts, des Ortes und der Anzahl der Werbemaßnahmen;
III.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlung gemäß Ziff. I entstanden ist und/oder zukünftig noch entstehen wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 07.04.06 antragsgemäß verurteilt.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagte verfolgt in zweiter Instanz ihr Klagabweisungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter. Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Unterlassung sowie zur Auskunftserteilung verurteilt und die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festgestellt. Das streitgegenständliche Verhalten der Beklagten stellt sich jedenfalls als unzulässig herabsetzende vergleichende Werbung i. S. v. §§ 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 UWG dar und ist damit wettbewerbswidrig. Ihr Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:
1.
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der grundsätzliche Vorrang des Markenrechts in Situationen der vorliegenden Art einem Rückgriff auf wettbewerbsrechtliche Grundsätze nicht entgegensteht.
a.
Mit dem Inkrafttreten des Markengesetzes is...