Entscheidungsstichwort (Thema)

Formulierung „Gerichtsstand Hamburg” begründet keinen ausschließlichen Gerichtsstand; einander widersprechende Gerichtsstände in AGB's werden nicht Vertragsbestandteil

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Formulierung „Gerichtsstand Hamburg” ohne jeden weiteren Zusatz in einer Auftragsbestätigung lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass ein ausschließlicher Gerichtsstand gewollt ist.

2. Widersprechen sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Gerichtsstände, so werden sie nicht Vertragsbestandteil. An ihre Stelle tritt die jeweilige gesetzliche Regelung.

 

Normenkette

CMR Art. 31 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 420 O 26/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des LG Hamburg, Kammer 20 für Handelssachen, vom 9.6.2000 (Az.: 420 O 26/00) abgeändert:

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 16.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das Urteil beschwert die Klägerin um 248.553,78 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Spediteurin und hat ihren Geschäftssitz in N. bei Hamburg. Sie stand bis zum Frühjahr 2001 mit der Beklagten, einem Handelshaus in den Niederlanden, in ständiger Geschäftsbeziehung, und zwar führte sie für diese zu festen Kosten die Versendung von frischem Obst und Gemüse in temperaturgeführten Trailern insbesondere von den Niederlanden nach Moskau durch. Bei acht Transporten in der Zeit zwischen dem 21.10.1997 und dem 15.5.1998 trafen das Obst und das Gemüse in Moskau ganz oder teilweise verdorben ein. Die Beklagte nimmt die Klägerin aus diesen acht Aufträgen auf Schadensersatz in Anspruch. Dagegen wehrt sich die Klägerin mit der vorliegenden negativen Feststellungsklage. Nach dem Vortrag der Klägerin will sie nach telefonischer Verhandlung der Beklagten jeweils ein sog. LKW-Avis (Anl. K 1) übersandt haben, das stets den Passus „Gerichtsstand: Hamburg” enthielt. Die Beklagte wiederum übersandte der Klägerin jeweils eine „Transportbestätigung” (Anl. B 1, K 3 – K 10), an deren unterem Rand sich kleingedruckt u.a. folgender Satz findet: „Auf alle unsere Lieferungen sind die Lieferungsbedingungen anwendbar, welche von uns hinterlegt sind bei der Geschäftsstelle des LG Rotterdam, am 17.9.1992 unter der Nummer 735/92.” In diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (nunmehr vorgelegt in vollständiger Fassung als Anlage B 13), heißt es u.a.:

„I. Gültigkeit dieser Bedingungen

(1) Diese Bedingungen finden auf alle Geschäfte zwischen der L. & T.B.V. – nachstehend „L.” genannt – einerseits und demjenigen andererseits Anwendung, mit dem sie einen Vertrag abschließt, mit der Erweiterung jedoch, dass die Bedingungen auch immer Dritten entgegengehalten werden können.

(2) Eine Bezugnahme durch den Abnehmer auf die eigenen (Geschäfts-) Bedingungen wird seitens der L. ausdrücklich abgelehnt, es sei denn, dass die L. vorher das Gegenteil bestätigt hat.

XVI. Anwendung findendes Recht und Gerichtsstand

(1) Alle Streitigkeiten, die sich aus Angeboten, Lieferungen sowie aus Verträgen über den Kauf-Verkauf usw. ergeben, werden dem Arrondissementsgericht in Amsterdam oder in Rotterdam zur Entscheidung vorgelegt, dies nach der Wahl der L., sofern nicht das Kantonsgericht für einen solchen Streit zuständig sein sollte, in welchem Falle die normalen Regeln der Zuständigkeit nach niederländischem Recht Anwendung finden.

(2) Auf alle Geschäfte mit der L. oder auf alle Handlungen von, mit oder gegenüber der L. findet das niederländische Recht Anwendung.”

Die vorliegende Klage ist der Beklagten auf diplomatischem Wege am 5.1.2000 zugestellt worden. Die Beklagte hat ihrerseits gegen die Klägerin in den Niederlanden Zahlungsklage eingereicht. Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Schadensersatz aus der Versendung von Obst und Gemüse nach Moskau gemäß den Frachtbriefnummern 181081, 187592, 180577, 176927, 186376, 861176, 860158 und 860388 zustehen.

Die Beklagte hat vorab die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt und beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, dass Hamburg nicht als Gerichtsstand vereinbart worden sei, eine solche Vereinbarung wegen Verstoßes gegen Art. 31 CMR jedenfalls unwirksam sei.

Das LG hat die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet (§ 280 Abs. 1 ZPO) und sodann mit Zwischenurteil vom 9.6.2000 die Klage für zulässig erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das angerufene Gericht sei international zuständig. Die Parteien hätten Hamburg als Gerichtsstand vereinbart. Das entsprechende Angebot im LKW-Avis sei von der Beklagten spätestens mit ihrer Transportbestätigung angenommen worden. Wenn diese Transportbestätigungen auf die Lieferbedingungen der Beklagten mit einem anderen Gerichtsst...

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