Entscheidungsstichwort (Thema)
Laola
Leitsatz (amtlich)
1. Das Anbieten und Bewerben von Glücksspielen ohne inländische Erlaubnis stellt sich gem. §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. i.V.m. § 284 Abs. 1 und 4 StGB weiterhin als unlautere Wettbewerbshandlung dar, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.
2. Kann der Veranstalter bzw. Vermittler von Glücksspielen seine Rechtsposition von der einem Dritten noch zu DDR-Zeiten erteilten Erlaubnis ableiten, so trifft ihn der Vorwurf unlauteren Wettbewerbshandelns jedenfalls dann nicht, wenn das zuständige Verwaltungsgericht - und sei es in einem Verfahren nur einstweiligen Rechtsschutzes - die fortdauernde bundesweite Geltung der DDR-Genehmigung festgestellt hat und diese Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht bestätigt worden ist. Dies gilt selbst dann, wenn diese Entscheidungen bundesweit durch andere Gerichte Widerspruch erfahren haben.
3. Einen derartigen (wettbewerbsrechtlichen) Vertrauensschutz im Hinblick auf eine (möglicherweise) "ungeklärte Rechtslage" kann nur der hierdurch sachlich Begünstigte für sich in Anspruch nehmen, und zwar unabhängig davon, ob dies bei der Rechtsverteidigung im Passivprozess (gegen eine Unterlassungsklage) oder im Aktivprozess (als negative Feststellungsklage) geltend gemacht wird. Der angreifende Wettbewerber trägt hingegen das Risiko einer - auch im Hinblick auf Vertrauensschutzgesichtspunkte - zutreffenden Beurteilung der Rechtslage, so dass in Zweifelsfällen im eigenen Interesse ggf. von einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung abzusehen ist.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 28.11.2003; Aktenzeichen 416 O 116/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 28.11.2003 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der Klägerin zu fordern, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Nordrhein-Westfalen das Vermitteln des Abschlusses von Oddset-Wetten an außerhalb Nordrhein-Westfalens ansässige Wettunternehmer vorzunehmen und zu bewerben, die über eine wirksame, in einem anderen Bundesland oder vor In-Kraft-Treten des Einigungsvertrages in der ehemaligen DDR erteilte behördliche Erlaubnis zum Veranstalten von Oddset-Wetten verfügen, insb. an die Sportwetten GmbH G. aus dem Freistaat Thüringen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die Organisation von Spielgemeinschaften und die Vermittlung von Spielverträgen im Namen von Spielgemeinschaften umfasst (vgl. Anlage K2). Sie hat ihren Unternehmenssitz in Nordrhein-Westfalen und unterhält u.a. dort Wettannahmestellen. Die Klägerin ist (nahezu) ausschließlich im Bereich sog. "Oddset-Wetten" - d.h. Sportwetten zu festen Quoten - tätig und vermittelt ihre Wettangebote an die Sportwetten GmbH G. (Handelsregisterauszug in Anlage K6).
Die Beklagte ist das für die Freie und Hansestadt Hamburg tätige Glücksspielunternehmen. Sie ist Mitgesellschafter des sog. Lottoblocks. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss von staatlichen Lotto-Toto-Gesellschaften aus 16 Bundesländern in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. Anlage K47).
Die Sportwetten G. GmbH ist im Besitz einer noch zu DDR-Zeiten erteilten Genehmigung zur Veranstaltung von Sportwetten. Insbesondere hieraus leitet die Klägerin ihre Befugnis ab, ohne eigene behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung bzw. Vermittlung von Glücksspielen solche Handlungen ohne Rechtsverstoß vornehmen zu dürfen.
Demgegenüber sieht die Beklagte das Handeln der Klägerin unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die strafrechtliche Verbotsnorm aus § 284 StGB als wettbewerbswidrig an. Sie steht auf dem Standpunkt, die der Sportwetten GmbH G. erteilte Erlaubnis sei schon ungeeignet, als Rechtsgrundlage für das Handeln eines Dritten außerhalb des Bundeslandes Thüringen zu bilden.
Mit Schreiben vom 20.5.2003 (Anlage K11) mahnten die Beklagten-Vertreter unter dem Betreff Lottoblock ./. L. S. GmbH die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre anwaltliche Vertretung und Beratung der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. oHG wegen der Veranstaltung bzw. Bewerbung nicht zugelassener Glücksspiele ab und forderten diese zugleich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Diese gab die Klägerin nicht ab. Im Anschluss an die Abmahnung entwickelte sich zwischen den Partei-Vertretern ein Schriftwechsel v. 5./6.6.2003 (Anlagen K12 und K13), bei dem es auch um die Frage der von den Bekl...