Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidungstitel "Sportwetten in Hamburg"
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betreiber einer Lottoannahmestelle in Hamburg, der aufgrund eines Handelsvertretervertrages mit der Nordwest Lotto und Toto, der staatlichen Lotterie der Stadt Hamburg, Sportwetten anbietet, handelt auch dann nicht wettbewerbswidrig, wenn die bisherige Veranstaltung von Sportwetten durch die Stadt Hamburg wegen des Fehlens eines entsprechenden Landesgesetzes rechtswidrig gewesen sein sollte und damit auch gegen die Rechtmäßigkeit der Erlaubnis ggü. dem Betreiber der Lottoannahmestelle Bedenken bestehen könnten.
2. Der Inhaber einer vor der Wiedervereinigung Deutschlands durch die Stadt Gera erteilten Genehmigung zur Veranstaltung von Sportwetten handelt ebenfalls nicht wettbewerbswidrig, wenn er ohne Genehmigung der Stadt Hamburg in Hamburg für Sportwetten wirbt und auch Hamburgern über das Internet Sportwetten anbietet.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 01.04.2003; Aktenzeichen 406 O 100/02) |
Tenor
Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des LG Hamburg - Kammer 6 für Handelssachen - vom 1.4.2003 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Partei, gegen die sich die Vollstreckung richtet, bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin veranstaltet seit 1990 Sportwetten in Form der sog. Oddset-Wetten. Sie stützt sich hierbei auf eine Erlaubnis des Magistrats der Stadt Gera vom 14.9.1990 (Anlage B 9). Die Klägerin wirbt über das Internet und hat deutschlandweit Kundschaft. In Hamburg wirbt die Klägerin durch Bandenwerbung bei Sportveranstaltungen für ihr Unternehmen.
Der Beklagte betreibt in Hamburg ein Tabakwarengeschäft. Er bietet darin Lotto, Toto und Oddset-Wetten an. Die Spielangebote der Spieler werden auf Provisionsbasis an den staatlichen Oddset-Wetten-Anbieter in Hamburg, die Nordwest Lotto und Toto Hamburg - Staatliche Lotterie der Freien und Hansestadt Hamburg - (NWLT) vermittelt. Zwischen der NWLT und dem Beklagten ist hierüber ein Handelsvertretervertrag abgeschlossen worden (Anlage B 1). Über eine darüber hinausgehende behördliche Erlaubnis verfügt der Beklagte nicht.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, es zu unterlassen, ohne behördliche Erlaubnis Oddset-Wetten in Hamburg anzubieten oder an einen staatlichen Anbieter zu vermitteln. Der Beklagte begehrt widerklagend von der Klägerin, es zu unterlassen, innerhalb Hamburgs ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten einschließlich Oddset-Wetten zu veranstalten, zu bewerben und/oder für sich vermitteln zu lassen.
Die Klägerin stützt sich maßgeblich darauf, dass die Veranstaltung von Sportwetten in Hamburg durch die NWLT mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig sei und damit auch der Beklagte durch seine Vermittlungstätigkeit rechtswidrig, insb. strafbar gem. § 284 StGB handele, worin wiederum ein Wettbewerbsverstoß gem. § 1 UWG a.F. zu sehen sei. Der Beklagte stützt seine Widerklage maßgeblich darauf, dass die der Klägerin erteilte Erlaubnis in Hamburg keine Gültigkeit besitze. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Im Laufe des Berufungsverfahrens ist am 27.4.2004 das Hamburgische "Gesetz zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland" verkündet und am 10.5.2004 im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemacht worden. In § 5 des Staatsvertrages heißt es:
Abs. 1: Die Länder haben im Rahmen der Zielsetzungen des § 1 die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen.
Abs. 2: Auf gesetzlicher Grundlage können die Länder diese Aufgabe selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, erfüllen.
Das Hamburgische Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag lautet in seinem Art. 2:
Die Aufgabe gem. § 5 Abs. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland, ein ausreichendes Glücksspiel sicherzustellen, wird von der Freien und Hansestadt Hamburg durch die Nordwest Lotto und Toto Hamburg - Staatliche Lotterie der Freien und Hansestadt Hamburg - (NWLT) und die Nordwestdeutsche Klassenlotterie (NKL) erfüllt.
Der Staatsvertrag sieht nach seinem § 18 ein In-Kraft-Treten am 1.7.2004 vor. Für Hamburg ist das In-Kraft-Treten am 8.7.2004 im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemacht worden (S. 320).
Die Klägerin beantragt mit ihrer Berufung, unter t...