Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfallen von Anliegerbeiträgen innerhalb einer in einem Grundstücksvertrag vereinbarten Frist als Voraussetzung für die Änderung des Kaufpreises

 

Leitsatz (amtlich)

Sieht ein Mitte des Jahres 1992 mit der Treuhandanstalt geschlossener Grundstückskaufvertrag, in welchem der Käufer eine Arbeitsplatzgarantie und eine sukzessiv bis Ende 1995 zu erfüllende Investitionsverpflichtung übernommen hat, bezüglich der Kaufpreisregelung vor, dass Anliegerbeiträge für Erschließungsmaßnahmen, die bis zum 31.12.1996 „anfallen”, bei Erreichen einer bestimmten Summe zu einem Preisnachlass führen, so reicht es für die Minderung des Kaufpreises aus, dass die Verpflichtung zur Zahlung des Abwasseranschlussbeitrags bis zum Ablauf der vereinbarten Frist entstanden ist und der Höhe nach berechnet werden kann; nicht erforderlich ist, dass die Beiträge bis zu diesem Zeitpunkt fällig gestellt oder bezahlt sind.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157; BauGB § 133 Abs. 2 S. 1; mvp KAG § 8 Abs. 7

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 28.06.2002; Aktenzeichen 303 O 50/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 3, vom 28.6.2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Zahlung eines Restkaufpreises für ein Grundstück.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Treuhandanstalt, war alleinige Gesellschafterin der T. GmbH, die dem Beklagten mit notariellem Vertrag vom 29.6.1992 (Anlage K1) ein 68.581 m2 großes Grundstück in W. verkaufte.

„§ 2 (Kaufpreis)” des Kaufvertrages lautet auszugsweise:

„(1) Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand beträgt 828.380 DM.

Als Kaufpreis wurden 2.200.000 DM darunter

Grund und Boden 1.097.296 DM

Gebäude 1.102.704 DM

vereinbart. Davon wurden 1.371.620 DM vom Kaufpreis aufschiebend bedingt nachgelassen, so dass ein vorläufiger Kaufpreis i.H.v. 828.380 DM vereinbart wurde (siehe § 2 Abs. 1 a und § 5 Abs. 3).

(1a) Sollten keine Anliegerbeiträge für Erschließungsmaßnahmen anfallen (z.B. Straßenasphaltierung, Herstellung von Bürgersteigen, Kanalisation, Straßenbeleuchtung etc.) oder bis zum 31.12.1996 nur ein Eigenanteil von 10 DM je m2 angefallen sein, so erfolgt eine nachträgliche Anpassung des Kaufpreises bis i.H.v. 1.371.620 DM. Der Käufer verpflichtet sich hiermit zur Rechnungslegung. …”

In „§ 5 Sach- und Rechtsmängelhaftung” des Kaufvertrages heißt es in Absatz 3:

„(3) Den Vertragsparteien ist bekannt, dass um das kaufgegenständliche Grundstück umfangreiche Erschließungsmaßnahmen durchgeführt werden bzw. schon durchgeführt worden sind. Der Käufer hat sich umfassend über die geplanten Erschließungsmaßnahmen informiert. Aufgrund dieser Erschließungsmaßnahmen und der damit anfallenden Anliegerbeiträge wurde ein Preisnachlass von 20 DM pro m2 gewährt. Daher sind noch zu zahlende Erschließungsbeiträge oder Anliegerleistungen vom Käufer zu übernehmen, und zwar unabhängig davon, ob sie vor oder nach Übergabe entstanden oder fällig geworden sind.”

In § 8 des Vertrages gab der Beklagte als wesentliche Grundlage des Vertrages eine Garantie ab für die Unterhaltung und sukzessive Schaffung von insgesamt 57 Vollzeitarbeitsplätzen bis zum Stichtag 30.6.1995 und verpflichtete sich zu sukzessiven Investitionen in den Kaufgegenstand in einer Höhe von insgesamt 800.000 DM bis zum Stichtag 31.12.1995. Für jeden nicht erhaltenen Arbeitsplatz wurde eine Vertragsstrafe von 25.000 DM vereinbart. Bei Verletzung der Investitionsverpflichtung sollte der Beklagte eine Vertragsstrafe i.H.v. 50 % des Differenzbetrages zahlen, um den die tatsächlich getätigten hinter den vertraglich vereinbarten Investitionen zurück bleiben.

Des Weiteren wurde in § 15 des Vertrages vereinbart, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin alle dem Verkäufer aus diesem Vertrag zustehenden Rechte als dessen Vertreterin oder im eigenen Namen neben dem Verkäufer oder unabhängig von diesem geltend machen kann, ohne hierzu jedoch verpflichtet zu sein.

Am 6.12.1995 schloss der Beklagte mit der Stadt W. eine Vereinbarung über die Ablösung des Ausbaubeitrages i.H.v. 260.600 DM (Anlage B 1). Dieser Betrag wurde am 10.4.1996 bezahlt (Anlage K 3).

Auf Nachfrage des Beklagten beim Abwasserzweckverband teilte dieser ihm mit Schreiben vom 10.10.1995 (Anlage B 2) mit, dass für das Grundstück ein Abwasseranschlussbeitrag/Verbesserungsbeitrag erhoben werde. Das Grundstück liege an einer durch einen Schmutzwassersammler erschlossenen Straße und könne angeschlossen werden. Grundlage für die Berechnung des anfallenden Anschlussbeitrages sei die Beitrags- und Gebührensatzung des Abwasserzweckverbandes vom 1.6.1994. Danach errechne sich e...

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