Normenkette
BGB §§ 125, 516 Abs. 1, § 781
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 16.12.2015; Aktenzeichen 309 O 202/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Hamburg vom 16.12.2015, Az. 309 O 202/15 aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.000,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.01.2009 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 82.003,66 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch aus einem Schuldanerkenntnis, hilfsweise einem Darlehensvertrag geltend.
Ende 2006 erwarben der Kläger und seine - mittlerweile von ihm getrennt lebende - Ehefrau vom Beklagten, dem Schwiegervater des Klägers, zu einem Kaufpreis von 700.000,- Euro ein Mehrfamilienhaus in Hamburg M.. Zweck des Immobilienerwerbs war es, dem Beklagten zu der dringend benötigten Liquidität in Höhe von 700.000,- Euro zu verhelfen, die dieser benötigte, um Verbindlichkeiten bei Dritten abzulösen. Der Beklagte wollte vermeiden, die Familienimmobilie auf Sylt veräußern zu müssen, um die Verbindlichkeiten bei Dritten zu bedienen. Einen Betrag in Höhe von 700.000,- Euro hätte der Kläger dem Beklagten ohne das Immobiliengeschäft nicht zur Verfügung stellen können. Auch wäre es dem Kläger nicht möglich gewesen, die Immobilie für 550.000,- Euro zu erwerben und dem Beklagten weitere 150.000,- Euro zur Verfügung zu stellen. Der Kläger verfügte selbst nicht über Liquide Mittel in Höhe von 700.000,- Euro und musste den Immobilienerwerb über ein Darlehen finanzieren.
Da sich die Parteien über den Wert der Immobilie M. nicht einig waren (der Kläger ging von einem Wert von 550.000,- Euro aus, der Beklagte von einem Wert von jedenfalls 700.000,- Euro), unterzeichnete der Beklagte am 29.12.2006 eine als abstraktes Schuldanerkenntnis überschriebene Vereinbarung, in der es heißt:
"I. Das abstrakte Schuldanerkenntnis - für VOR der Beurkundung
Ich, J. R., wohnhaft in Hamburg, bekenne hiermit, dass ich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus meiner Tochter S. F. und meinem Schwiegersohn St. F., beide wohnhaft in Sch., den Betrag von 150.000 Euro als Darlehen schulde.
Das Darlehen ist mit einem Zinssatz von 4,65 % p.a. zu verzinsen.
Ohne dass es einer Kündigung bedarf, wird das Darlehen zum 31.12.2008 zur Rückzahlung fällig. Treffen die Parteien dann keine andere Regelung, wird das Darlehen zzgl. Zinsen zurückgezahlt.
S. und St. können jeder über die Hälfte, also 75.000 Euro zzgl. Zinsen allein verfügen, ohne dass es der Zustimmung des anderen Darlehensgebers bedarf."
Auf Anlage K1 wird ergänzend Bezug genommen. Die Vereinbarung war vom Sohn des Beklagten, der Rechtsanwalt ist, entworfen worden. Der Kläger hätte die Immobilie M. ohne Abschluss der Vereinbarung vom 29.12.2006 nicht erworben. Nach Beurkundung des Immobiliengeschäfts sollte eine weitere Vereinbarung unterzeichnet werden ("konkretes Schuldanerkenntnis"), welche die Vereinbarung vom 29.12.2006 ersetzen sollte. Zur Unterzeichnung derselben kam es nicht.
Nach Abschluss der Verträge gab es Gespräche zwischen den Parteien über eine Rückabwicklung des Immobiliengeschäfts M. und die Auswirkungen einer solchen Rückabwicklung auf das Schuldanerkenntnis. Insbesondere fand am 20.11.2008 eine Besprechung statt. Einzelheiten dieses Gesprächs sind streitig. Eine Einigung über die Modalitäten der Rückabwicklung konnte nicht erzielt werden.
Der Kläger hat vorgetragen, dass ein Anspruch auf Zahlung von 75.000,- Euro als Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der vereinbarten Darlehensschuld bestehe. Jedenfalls aber ergebe sich ein Zahlungsanspruch aus dem Schuldanerkenntnis vom 29.12.2006. Mit dem Anerkenntnis vom 29.12.2006 habe ein selbständiger Anspruchsgrund geschaffen werden sollen. Eine Verjährung des Anspruchs liege nicht vor, diese sei vielmehr durch Verhandlungen über den Anspruch unterbrochen worden. Auf das Anlagenkonvolut K2 wird ergänzend Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 75.000,- Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basissatz seit dem 01.01.2009 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 7.003,66 Euro aufgelaufene Darlehenszinsen zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Er hat vorgetragen, dass ein etwaiger Anspruch verjährt sei. Eine Hemmung der Verjährung liege nicht vor. Der Hinweis eines Schuldners, er könne nicht zahlen, begründe keine Verhandlungen über den Anspruch. Soweit die Parteien über eine Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts verhandelt...