Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufklärungspflicht beim Verkauf von nicht an der Börse eingeführten Aktien
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 12.06.2003; Aktenzeichen 310 O 222/02) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 10, vom 12.6.2003 - G.-Nr. 310 O 222/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
I. Tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO
Auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Ehemann der Klägerin sei insb. durch die Anlagen B 5 und B 6 hinreichend über die Risiken der von ihm getätigten Geschäfte belehrt worden, ihre Behauptung, diese schriftlichen Belehrungen seien durch entgegengesetzte Erklärungen des Zeugen S. entwertet worden, habe sie nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht beweisen können. Im Einzelnen wird auf das Urteil des LG verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerechte Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet. Die Klägerin verfolgt damit ihren erstinstanzlichen Antrag, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr 162.085,05 Euro nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung bestimmter Aktien zu zahlen, vollen Umfangs weiter. Die Klägerin greift mit ihrer Berufung die vom LG vorgenommene Beweiswürdigung nicht an. Sie sieht aber ein Schadensersatzpflicht begründendes Aufklärungsverschulden der Beklagten darin, dass sie ihren Ehemann zum einen nicht über den enormen Preisaufschlag aufgeklärt hätten und zum anderen nicht über die fehlende Börseneinführung der erworbenen Aktien und die daraus erwachsenden Konsequenzen.
Die Beklagten begehren die Zurückweisung der Berufung. Die Beklagte zu 1) hält die gegen sie gerichtete Klage und insoweit die Berufung für unzulässig, weil sie von Amts wegen gelöscht sei. Im Übrigen habe sie zu keinem Zeitpunkt vertragliche Beziehungen zu dem Ehemann der Klägerin gehabt. Die Beklagte zu 2) hält die sie betreffende Berufung für unbegründet. Sie tritt dem Berufungsvorbringen der Klägerin sachlich entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien in der Berufungsinstanz Bezug genommen.
II. Kurze Begründung für die Aufrechterhaltung der angefochtenen Entscheidung gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 ZPO
A. Die Berufung ist zulässig, und zwar - ebenso wie die Klage - auch ggü. der Beklagten zu 1). Der formale Einwand der Beklagten zu 1), ihr ggü. seien Berufung und Klage unzulässig, weil sie von Amts wegen gelöscht und mit Beschluss des AG Hamburg vom 12.8.2002 (Anlage zum Schriftsatz vom 20.8.2002, Bl. 68 f. d.A., sowie Anlage zum Schriftsatz vom 10.11.2003, Bl. 201 f. d.A.) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels (ausreichender) Masse abgewiesen worden sei, ist nicht begründet. Der Wegfall der Parteifähigkeit setzt bei der juristischen Person eine Vollbeendigung nach Abwicklung voraus. Solange noch Vermögen vorhanden ist, besteht die Parteifähigkeit fort, selbst wenn die Registerlöschung schon erfolgt ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 50 Rz. 4 und 5). Zu alledem fehlt es an ausreichenden Feststellungsmöglichkeiten. Aus dem Beschluss vom 12.8.2002 ergibt sich nur, dass kein zur Kostendeckung ausreichendes Vermögen vorhanden ist. Das lässt offen, dass immerhin noch Vermögen besteht. Dessen Höhe ist unbekannt Von einem Wegfall der Parteifähigkeit kann deshalb noch nicht ausgegangen werden.
Hinsichtlich der Beklagten zu 2) ist festzustellen, dass das Verfahren nicht etwa gem. § 240 ZPO unterbrochen ist. Insofern ist der Beschluss des AG Lübeck vom 28.6.2002 (Anlage B 2) zu bewerten, mit dem ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde und wonach Verfügungen der Schuldnerin nur noch mit dessen Zustimmung wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Eine derartige Form der vorläufigen Insolvenzverwaltung unterbricht das Verfahren trotz § 240 S. 2 ZPO nicht (Zöller/Greger, ZPO, § 240 Rz. 5; BGH NJW 1999, 2822).
B. Die Berufung ist jedoch sachlich unbegründet. Zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen, weil es kein haftungsbegründendes Aufklärungsverschulden der Beklagten hat feststellen können. Die Ausführungen der Berufung rechtfertigen demgegenüber keine abweichende Bewertung:
1. Der Streit der Parteien geht in der Berufungsinstanz im Wesentlichen um die Frage, ob der Ehemann der Klägerin seitens der Beklagten hinreichend über die Risiken der erworbenen Aktien aufgeklärt worden ist. Doch gilt es, zuvor noch zwei Fragen zu klären:
a) Erstinstanzlich gab es Streit über die Frage, ob überhaupt die Beklagten eine Aufklärungspflicht traf, insb. der von der Klägerin geltend gemachte stills...