Entscheidungsstichwort (Thema)
"FRITZCard"
Leitsatz (amtlich)
1. Wird im Internet für einen Internet-Zugangsvertrag mit einer Preisangabe geworben und zugleich für eine ISDN-Karte als frei wählbare Zusatzleistung, für die Versandkosten anfallen, so kann noch innerhalb des bereits eingeleiteten Bestellvorgangs für den Internet-Zugangsvertrag auf die Versandkosten für die ISDN-Karte hingewiesen werden, wenn der Verbraucher erst zu diesem Zeitpunkt im Ablauf der Bestellroutine gefragt wird, ob er die ISDN-Karte als Zusatzleistung bestellen will oder nicht.
2. Der Senat versteht die Entscheidung "Versandkosten" des BGH (GRUR 2008, 84) so, dass mit der "Einleitung des Bestellvorgangs", d.h. dem Zeitpunkt, bis zu dem die Angaben nach § 1 Abs. 2 PAngV gemacht werden müssen, kein rein formaler Aspekt angesprochen ist, d.h. alle Informationen nach § 1 Abs. 2 PAngV verspätet sind, die nach Aufrufen einer mit "Bestellen" oder "Bestellung" o.Ä. bezeichneten Internetseite gegeben werden. Vielmehr genügt es, dass die Informationen spätestens bis zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem sich die Kaufentscheidung des Verbrauchers auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung konkretisiert hat, ohne dass er bereits ein bindendes Kaufangebot i.S.v. § 145 BGB abgegeben haben muss.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 3 Nr. 1; PAngV § 1 Abs. 2, § 6
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 28.02.2006; Aktenzeichen 407 O 190/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg - Kammer 7 für Handelssachen - vom 28.2.2006 geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich von Internetzugängen. Die Beklagte warb am 27.11.2003 auf ihrer Internetseite für ihren Internet-Zugang und in diesem Zusammenhang mit dazu passender Hardware, nämlich einer ISDN-Karte unter der Bezeichnung "AVM Fritz!Card PCI 2.0" zum Preis von 69 EUR. Die Klägerin hält die seinerzeitige - inzwischen geänderte - Werbung der Beklagten wegen Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung für wettbewerbswidrig, da die Beklagte nicht hinreichend darauf hingewiesen habe, dass zu dem Preis von 69 EUR noch Versandkosten i.H.v. 6,90 EUR hinzu kämen.
Die im Streit befindliche Werbung ist wie folgt gestaltet: Auf einer mit " 1 & 1 Internet-Zugang" betitelten Seite befindet sich eine Abbildung der "AVM Fritz!Card PCI 2.0" in einem umrahmten Kasten. An dem Preis von 69 EUR ist ein Sternchen angebracht und unterhalb des Preises ein Link "mehr Info". Am Ende dieser Bildschirmseite befindet sich eine Sternchenauflösung mit dem Text "9-23 Uhr 0,99 ct/Minute, 23-9 Uhr 0,49 ct/Minute (4,99 EUR Grundgebühr pro Minute)". Am linken Rand der Seite wird u.a. die Option "Bestellen" zur Verfügung gestellt. Nachfolgend ist diese Internetseite eingeblendet:
... er unter dem Preis von 69 EUR befindliche Link "mehr Info" führt zu einer weiteren Internetseite, auf der die streitgegenständliche Karte zum Preis von 69 EUR und einem hieran angebrachten Sternchen wiederum beworben wird. Am Ende dieser Seite befindet sich eine Sternchenauflösung mit den Worten "Zuzüglich 6,90 EUR Versandkosten". Dazwischen steht ein längerer Text mit Angaben zu den technischen Einzelheiten der Karte, zum Lieferumfang und dazu, dass die Karte mehrfach Testsieger geworden sei. An insgesamt vier Stellen des Textes ist ein Link "Jetzt bestellen" angebracht. Zwischen den Parteien ist streitig, inwieweit es erforderlich ist, die Seite hinabzuscrollen, um die Sternchenauflösung mit dem Hinweis auf die Versandkosten wahrnehmen zu können.
Eine Abbildung der mit mehr Info verlinkten Internetseite ist nachfolgend eingeblendet:
Beim Anklicken des Links "Jetzt bestellen" wird ein mehrstufiges Bestellverfahren in Gang gesetzt. Dieses besteht aus den Schritten "Tarifauswahl -Hardwareauswahl - Kundendaten - Bankverbindung - Verschiedenes - Zusammenfassung - Auftragsbestätigung". Auf der nach Passieren der Seite "Tarifauswahl" erreichten Seite " Hardwareauswahl" kann alternativ angekreuzt werden "Keine Hardware" oder "Die ISDN-Karte: AVM Fritz!Card (für nur 69 EUR zzgl. 6,90 EUR Versandkosten)". Diese Seite ist nachfolgend ebenfalls eingeblendet:
Die Klägerin hält die vorstehend beschriebene Gestaltung für unzureichend und nimmt die Beklagte nach vorangegangenem Verfügungsverfahren (Aktz. des OLG Hamburg: 5 U 128/04) nunmehr in der Hauptsache auf Unterlassung in Anspruch. Außerdem begehrt sie die Erstattung von Anwaltskosten für die Versendung eines Abschlussschreibens im Nachgang zum Erlass der einstweiligen Verfügung. Sie hat in erster Instanz beantragt:
1. Der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden ...