Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung eines Verschmelzungsbeschlusses
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 07.01.2003; Aktenzeichen 412 O 137/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 12 für Handelssachen, vom 7.1.2003 abgeändert.
Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der HBAG Real Estate Aktiengesellschaft, Hamburg vom 18.7.2002 zu Punkt 6 der Tagesordnung über die Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag zwischen der AGIV (alt), der HBAG und der AGIV (neu) wird für nichtig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses im Rahmen einer Verschmelzung durch Aufnahme.
Der Kläger war Aktionär der HBAG (im Folgenden: HBAG). Am 18.7.2002 beschloss die ordentliche Hauptversammlung der HBAG zu Punkt 6 der Tagesordnung gegen die Stimmen des Klägers, dem Abschluss eines im Entwurf vorliegenden Verschmelzungsvertrages zwischen ihr, der jetzigen Beklagten (AGIV neu) und der AGIV AG (im Folgenden: AGIV alt) zuzustimmen, durch den die HBAG und die AGIV (alt) als übertragende Gesellschaften jeweils ihr Vermögen als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung gem. § 2 Nr. 1 UmwG auf die Beklagte als übernehmende Gesellschaft übertrugen. Der Entwurf des Verschmelzungsvertrages war von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft S & Partner gem. § 12 UmwG geprüft worden (Anl. B 4). 4.002.000 Stückaktien an der AGIV (alt) hielt die EnBW über ihre Tochtergesellschaft S. GmbH. Zur Vorbereitung einer möglichen Verschmelzung hatten die HBAG, die EnBW und die S. GmbH am 1.5.2001 einen Kooperationsvertrag (Anl. B 14) und die S. GmbH und die HBAG einen Optionsvertrag geschlossen, in dem unter § 2, Put-Option, der S. GmbH das Recht eingeräumt wurde, die Aktien der HBAG zu einem Preis von 12,50 Euro zum Kauf anzubieten. Weil Bedenken bestanden, ob die Put-Option nach Wirksamwerden der Verschmelzung Bestand haben würde, schlossen die EnBW und die HBAG unter dem 29.1.2002/2.5.2002 eine weitere Vereinbarung (Anl. B 17), in der sich die HBAG verpflichtete, der EnBW einen der Höhe nach näher geregelten Ausgleich zu zahlen, falls die Put-Option nach der Verschmelzung nicht mehr durchgeführt werden könne. Diese Verpflichtung sollte auf die übernehmende Gesellschaft übergehen. An der AGIV (alt) hielt weiter die BHF Bank (BHF-Bank) eine Beteiligung von 15.777.037 Aktien (48,97 %). Mit Aktienkaufvertrag vom 7.5.2001 (B 15) kaufte die HBAG diese Aktien und räumte der BHF-Bank mit Optionsvertrag vom selben Tag (Anl. B 15) unter bestimmten Voraussetzungen eine Put-Option ein.
Bereits im Jahre 1998 hatte die HBAG mit ihrem Vorstandsmitglied Dr. B. eine Optionsrechtsvereinbarung abgeschlossen, in der diesem das Recht eingeräumt wurde, Aktien der HBAG zu erwerben. Dieser Vertrag wurde durch die Optionsrechtsvereinbarung vom 4.7.2001 (B 18) ersetzt, in der Dr. B. u.a. das Optionsrecht zum Erwerb von 216.000 Aktien zum Preis von 3,68 Euro eingeräumt wurde. Außerdem erhielt er das Recht, ein der HBAG gewährtes Darlehen in Aktien umzuwandeln. In Hinblick auf die beabsichtigte Verschmelzung verzichtete Dr. B. in einer Verzichtsvereinbarung vom 13.12.2001 (B 22), gegen Zahlung einer Abfindung von 2.863.080 Euro auf die noch nicht ausgeübten Options- und Wandlungsrechte. In gleicher Weise schlossen die HBAG und ihr Vorstandsmitglied H. unter dem 4.7.2001 eine Optionsvereinbarung (B 19), die das Recht zum Erwerb von Aktien zum Preis von 3,68 Euro sowie die Umwandlung eines Darlehens in Aktien vorsah. Auf die noch nicht ausgeübten Rechte aus diesem Vertrag verzichtete H. mit Verzichtsvereinbarung vom 13.12.2001 gegen eine Abfindung von 318.120 Euro.
Die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Verschmelzungsbeschluss vom 18.7.2002 ging am 15.8.2002 per Telefax bei Gericht ein; sie war gegen die HBAG, vertreten durch ihren Vorstand, die Herren Dr. B. (Vorsitzender) und H. sowie vertreten durch den Aufsichtsrat, die Herren V. (Vorsitzender) und Dr. E., gerichtet. Mit an das Handelsregister des AG Hamburg gerichtetem Antrag vom 20.8.2002 erklärte die HBAG gem. § 16 Abs. 2 UmwG, dass eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss nicht vorliege. Noch am 20.8.2002 wurde die Verschmelzung sowohl im Register der HBAG als auch im Register der Beklagten als übernehmender Gesellschaft eingetragen (Anlagen B 1 und B 2).
Am 4. bzw. 5.9.2002 wurde die gegen die HBAG gerichtete Klage den vorstehend genannten Aufsichtsratsmitgliedern sowie Frau G. als Angestellter der HBAG zugestellt.
Nachdem die Prozessbevollmächtigten der Beklagten sich mit Schriftsatz vom 18.9.2002, dem Kläger zugestellt am 24.9.2002, für diese legitimiert und auf die Eintragun...