Leitsatz (amtlich)
Ein Frachtführer handelt nicht leichtfertig i.S.v. § 435 HGB, wenn er Computerteile im Wert von ca. 20.000 Euro in einen nicht einsehbaren, unauffälligen Kleinlaster mit Kastenaufbau lädt und diesen auf einer Straße im Stadtteil B. von F. über Nacht abstellt und während dieser Zeit der Lkw samt Ladung gestohlen wird.
Normenkette
HGB § 435
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 413 O 6/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Nebenintervenientin zu 1) wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 7.11.2002 (Az. 413 O 6/02 ) wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.969,79 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz der Bundesbank seit dem 5.7.2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Nebenintervenientin zu 1) wird zurückgewiesen.
Von den Kosten erster Instanz tragen die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3; die Klägerin trägt weiter jeweils 2/3 der Kosten der Nebenintervenienten, die i.Ü. ihre Kosten selbst tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 2/3, die Nebenintervenientin zu 1) 1/3.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin, der Firma P. GmbH (Pa.), Schadensersatz wegen des Verlustes von 31 Kartons mit hochwertigen Computerteilen im Gesamtwert von 21.965,54 Euro während eines Transportes im Oktober 2000. Zwischen der Firma P. und der Beklagten bestand ein Rahmenvertrag – Anlage K 10 – über feste Speditionsentgelte, der ursprünglich für die Zeit vom 1.4.1999 bis 31.3.2000 gültig war, dann aber darüber hinaus zwischen beiden Parteien weiterhin praktiziert wurde. P. beauftragte die Beklagte mit der Ausrollung einer Sendung Computerteile, die unter einem Luftfrachtbrief vom 20.10.2000 – Anlage K 2 – an diesem Tag auf dem F.er Flughafen eingetroffen war. Von den insgesamt 34 Kartons sollten 3 nach R. gehen. Weil das besonders eilig war, wurde die gesamte Sendung am 22.10.2000, einem Sonntag, vom Flughafen bei der FAG in Empfang genommen, 3 Kartons wurden sofort einem Kurierfahrer übergeben, der die Sendung ordnungsgemäß in R. ablieferte. Die weiteren 31 Kartons erhielt der Nebenintervenient zu 2) über die Nebenintervenientin zu 1), die ihrerseits von der Beklagten eingeschaltet worden war. Am Sonntag, dem 22.10.2000 um etwa 15.00 Uhr stellte der Nebenintervenient zu 2) den von ihm für den Transport eingesetzten Lkw Mercedes Benz, Typ 312 D-KA in F. vor dem Hause S.-alle …, in dem er wohnt, ab. Am Montagmorgen um 8.20 Uhr, so die Nebenintervenientin zu 1) in der Strafanzeige vom gleichen Tage um 9.09 Uhr, wurde bemerkt, dass das Fahrzeug samt Inhalt zwischenzeitlich gestohlen worden war.
Die Klägerin hat Ersatz von der Beklagten für die abhanden gekommenen Computerteile begehrt. Dem hat das LG bis auf eine geringfügige Spitze entsprochen und die Beklagte zur Zahlung von 21.958,95 Euro nebst Zinsen verurteilt. Mit ihrer zulässigen Berufung greift die Nebenintervenientin zu 1) das landgerichtliche Urteil dem Grunde und der Höhe nach an.
II. Die zulässige Berufung der Nebenintervenientin zu 1) ist überwiegend begründet.
Der Senat folgt zunächst den Gründen der angefochtenen Entscheidung und nimmt auf diese ausdrücklich Bezug:
Die Klägerin ist aktivlegitimiert, die Beklagte ist Fixkostenspediteur i.S.v. § 459 HGB und hatte deshalb bei dem streitigen Transport die Rechte und Pflichten eines Frachtführers nach Maßgabe der §§ 407 ff. HGB, einen Transport, der unter dem weiterhin geltenden Rahmenvertrag zwischen der Firma P. und der Beklagten vom 26.3.1999 (Anlage K 10) durchgeführt wurde. Nach §§ 425, 428 HGB haftet die Beklagte für eigenes Verschulden und das Verschulden ihrer Subunternehmer, der Nebenintervenienten zu 1) und zu 2). Sie hat dafür einzustehen, dass 31 Kartons mit Computerteilen nach der Übernahme zur Beförderung und vor der Ablieferung an die Empfängerin abhanden gekommen sind, und zwar durch Diebstahl. Ein Haftungsausschluss nach § 426 HGB ist zweifelsfrei nicht gegeben. Das bedarf keiner weiteren Ausführungen angesichts der Umstände des vorliegenden Falles.
Nicht folgen kann der Senat dem LG aber darin, dass die Beklagte unbeschränkt haftet, die Haftungsbefreiungen und -begrenzungen nach § 435 HGB weggefallen sind, weil nämlich der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Ein derartiges Verhalten kann zweifelsfrei der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1) nicht angelastet werden. Auch für ein vorsätzliches Handeln des Nebenintervenienten zu 2) gibt der Sachverhalt nichts her. Der Nebenintervenient zu 2) hat auch weiter nicht leichtfertig i.S.v. § 435 HGB gehandelt.
Das objektive Merkmal der Leichtfertigkeit setzt eine besonders schwere Nachlässigkeit voraus, d.h., der Handelnde muss sich in besonders krasser Weise über da...