Leitsatz (amtlich)
Leichtfertigkeit und Handeln in dem Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bei Verstoß eines Gabelstaplerfahrers gegen Sorgfaltsanforderungen beim Entladen sperriger Kisten von einem Lkw.
Normenkette
HGB § 435
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 401 O 13/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 1 für Handelssachen, vom 9.5.2001 (Aktenzeichen: 401 O 13/00) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung sowie die durch die Nebeninterventionen verursachten Kosten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Klägers und der Nebenintervenientinnen gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betragens abzuwenden, sofern nicht der Kläger und die Nebenintervenientinnen vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt als Transportversicherer der Firma F. GmbH in O. (im Folgenden: VN) die Beklagte aus übergegangenem Recht der VN auf Schadenersatz in Anspruch wegen der Beschädigung eines Teiles einer Abfüllanlage im H.er Freihafen.
Im Einzelnen liegt der Klage folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die VN hatte eine Abfüllanlage an die Firma B. International Inc. fob H. verkauft. Das Objekt war für eine Industrieanlage der Firma P. in Malaysia bestimmt.
Im August 1999 war eine aus dem Inhalt von 16 Kisten bestehende Teilpartie der Abfüllanlage versandbereit. Die VN wandte sich mit Fax vom 5.7.1999 (Anlage K 1) an die Beklagte, die mit Fax vom 12.7.1999 (Anlage K 2), den „Transport ab 23843 O. bis H.-Freihafen” zum Preise von 5.600 DM und das „Container Stuffing in H. (bei Container Verladung)” zum Preise von 4.900 DM anbot. Daraufhin erteilte die VN der Beklagten mit Fax vom 13.7.1999 den Auftrag (Anlage K 3), was die Beklagte mit Fax vom selben Tage (Anlage K 4) bestätigte.
Die Beklagte beauftragte ihrerseits mit der Beförderung der 16 Kisten die Nebenintervenientin zu 1), die wiederum die Nebenintervenientin zu 2) einschaltete, welche sodann die Nebenintervenientin zu 3) beauftragte. Letztere holte die vier Kisten mit den Nr. 7, 11, 12 und 13 bei der VN ab (Anlage K 5) und brachte sie zum H.er Freihafen, wo sie bei der H.H.L.A. durch deren Gabelstaplerfahrer M. vom Lkw abgeladen wurden. Die Kisten mit den Nummern 12 und 13, die jeweils nur 0,75 m breit, jedoch 3,75 m lang und 2,5 m hoch und in der Mitte der Ladefläche nebeneinander gestaut waren (vgl. Anlage K 6), hielt M. nur für eine Kiste. Mit den Gabeln seines Gerätes versuchte er diese vermeintlich eine Kiste leicht anzuheben, wobei die hinten stehende Kiste Nr. 13 kopfüber vom Lkw stürzte. Der Inhalt (drei Schaltschränke) wurde beschädigt. Die Einzelheiten sind insoweit zwischen den Parteien streitig.
Zur Feststellung des Schadens wurde ein Sachverständiger im Auftrage des Klägers eingeschaltet (Anlage K 12).
Die VN hat mit Erklärung vom 27.1.2000 (Anlage K 16) dem Kläger „alle Rechte und Ansprüche, die uns im Zusammenhang mit dem Schaden an der obigen Sendung zustehen”, abgetreten.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, zwischen der VN und der Beklagten sei neben einem Frachtvertrag, der mit der Ankunft der Partie auf dem Gelände der H.H.L.A. erfüllt gewesen sei, einen Werkvertrag über die Entladung des Lkw und die Stauung der Kisten in einen Container abgeschlossen worden. Aus der Verletzung dieses Vertrages sei der Schaden entstanden, für den die Beklagte einzustehen habe. Die Ware sei in ordnungsgemäßem Zustand auf den Transport gebracht worden, der Inhalt der Kiste 13 habe einen Totalschaden erlitten, den er als Alleinversicherer der VN (Anlage K 17) gezahlt habe. Der Schaden habe insgesamt 106.160,55 DM betragen. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Anlagen K 13 und 15 verwiesen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 106.160,55 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 28.2.2000 zu zahlen, hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das LG Düsseldorf, Kammer für Handelssachen.
Die Nebenintervenientinnen zu 1) bis 3) sind dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten und haben sich seinem Klageantrag angeschlossen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt und i.Ü. die Auffassung vertreten, sie hafte allenfalls beschränkt auf 10 DM je kg Ladung, also auf höchstens insgesamt 12.950 DM, weil dem Vertrag zwischen ihr und der VN die ADSp in der neuesten Fassung zu Grunde zu legen seien.
Ein qualifiziertes Verschulden des Gabelstapelfahrers i.S.v. § 435 HGB habe nicht vorgelegen. Der Gabelstaplerfahrer sei ordnungsgemäß ausgebildet und überwacht worden. Zu dem Schadensfall sei es deswegen gekommen, weil der Fahrer des anliefernden Lkw dem Staplerfahrer M. gesagt habe, die Ladung bestehe nur aus drei Kisten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteil Bezug...