Leitsatz (amtlich)

Auch auf den fehlerhaften Beitritt zu einer mehrgliedrigen atypischen stillen Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden (Anschluss an OLG München ZIP 2012, 2344; ZIP 2012, 2346; ZIP 2013, 414 und OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.10.2012 - I-9 U 44/12).

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 27.01.2012; Aktenzeichen 304 O 501/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg (Aktenzeichen 304 O 501/09) vom 27.1.2012 wird hinsichtlich der Hauptanträge (Anträge zu 1 und 2) zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung einer Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter an der A. AG & Co. KG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist.

Die Klägerin zeichnete diese Beteiligung am 4.4.2003 nach einer Beratung durch den Anlageberater, ihren Sohn M. H. Dabei wählte sie die Anlagemodelle "Classic"und "Classic Plus" mit einer Summe von jeweils EUR 8.500 sowie die Anlage "Sprint" mit einer Summe von EUR 16.800. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Zeichnungsscheine (Anlagen K 2 - 5) sowie auf den Emissionsprospekt 2003 (Anlage K 9) verwiesen; den Prospekt erhielt die Klägerin erst nach Zeichnung der Beteiligungsscheine.

Nachdem die Beklagte im Juli 2009 über die Notwendigkeit einer Liquidation der Gesellschaft informiert hatte (Anlage K 7), kündigte die Klägerin ihre Anlagen am 15.7.2009 fristlos (K 8).

Die Klägerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, dass die Widerrufsbelehrung im Zeichnungsschein unzureichend und der Prospekt fehlerhaft sei; sie sei nicht über die Risiken der Anlage aufgeklärt worden.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 18.128 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der Beklagten mit der Zertifikat Nr. 21216/034 in Höhe eines Nominalbetrages von EUR 8.500, mit der Zertifikat Nr. 21217/034 in Höhe eines Nominalbetrages von EUR 8.500 und Zertifikat Nr. 21218/034 in Höhe eines Nominalbetrages von EUR 16.800.

2. festzustellen, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche aus der stillen Beteiligung gegen sie mehr zustehen.

Hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrages zu 1:

3. festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.7.2009 wirksam ist.

4. die Beklagte zu verurteilen, das auf die Klägerin zum Kündigungszeitpunkt (hilfsweise: dem 31.12. des Kündigungsjahres) entfallende Auseinandersetzungsguthaben zu errechnen und auszuzahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben. Im Übrigen stelle der Prospekt alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zutreffend dar und der Vermittler H. habe auf die bestehenden Risiken mit aller Deutlichkeit und auch vollständig und richtig hingewiesen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Der der Klägerin im Nachhinein übersandte Prospekt weise keinerlei Mängel auf. Daher komme es auf Kausalitäts- und Verjährungsfragen nicht an. Auch lägen deshalb nicht die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung vor. Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß erfolgt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die insbesondere geltend macht, dass das LG ausschließlich Prospekthaftungsansprüche geprüft habe, obwohl doch bei Zeichnung der Prospekt noch nicht vorgelegen habe. Es komme daher allein darauf an, ob die Beklagte die ihr obliegende Aufklärungspflicht durch den Zeugen H. erfüllt habe. Dies sei nicht der Fall. Es sei schon erstinstanzlich vorgetragen worden, dass der Zeuge auf die Risiken der Anlage überhaupt nicht hingewiesen habe, insbesondere nicht auf die auf S. 5 der Klagschrift angesprochenen Risiken (Teilhabe auch am Verlust, Fehlen von Mitwirkungs- und Gestaltungsrechten, kein ordentliches Kündigungsrecht, Möglichkeit des Totalverlustes, Unplausibilität der Renditeerwartung, Rückzahlung von Ausschüttungen).

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Hamburg 304 O 501/09 vom 27.1.2012

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 18.128 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der Beklagten mit den Zertifikatnummern 21216/034, Nr. 21217/034 und 21217/034 in Höhe eines Nominalbetrages von insgesamt EUR 33.800.

2. festzustellen, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche aus der stillen Beteiligung gegen sie mehr zustehen.

Hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrages zu 1:

3. festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.7.2009 wirksam ist.

4. die Beklagte zu verurteilen, das auf die Klägerin zum Kündigungszeitpunkt (hilfsweise: des 31.12. des Kündigungsjahres) entfallende Auseinandersetzungsguthaben zu errechne...

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