Verfahrensgang
AG Hamburg (Beschluss vom 08.07.2014; Aktenzeichen 353 F 204/13) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Kindesmutter und des Kindesvaters wird der Beschluss des AG Hamburg-... 353 F 204/13 vom 8.7.2014 dahingehend abgeändert, dass der Kindesmutter der Teilbereich der elterlichen Sorge "Gesundheitsfürsorge" für das Kind T. L. allein übertragen wird und die elterliche Sorge im Übrigen beiden Elternteilen gemeinsam zusteht. Die weiter gehenden Beschwerden der Kindesmutter und des Kindesvaters werden zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren tragen die Kindeseltern je zur Hälfte. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
3. Der Beschwerdewert beträgt 5.000,00 EUR.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Kindesmutter) und der Beschwerdegegner (im Folgenden: Kindesvater) streiten um die Übertragung des Sorgerechts für die gemeinsamen Kinder L. und T. L. auf die Kindesmutter allein.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen. Ergänzend gilt nach dem schriftsätzlichen Vorbringen und der Anhörung durch den Einzelrichter Folgendes:
Bis zu dem Erlass des Beschlusses des AG Hamburg-... 353 F 204/13 vom 08.07.2014 übten die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus und die Kinder lebten im paritätischen Wechsel bei der Mutter und beim Vater. Seitdem steht der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht alleine zu und die Kinder haben ihren Lebensmittelpunkt bei der Kindesmutter. Es findet alle 14 Tage ein Kontakt mit dem Kindesvater über ein verlängertes Wochenende statt.
Die Kindesmutter ist von Beruf Physiotherapeutin und Osteopathin und betreibt als solche eine Praxis. Der Kindesvater gibt Rollenspielkurse an einer Ganztagsschule und arbeitet gelegentlich als Schreiner oder fertigt Übersetzungen ins Englische.
L.L. besucht die siebte Klasse des Gymnasiums ..., das mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ca. eine halbe Stunde entfernt von den jeweiligen Wohnorten der Eltern liegt. Er erzielt gute schulische Leistungen.
T.L. besucht die zweite Klasse der Grundschule ... Der Schulweg beträgt ca. 40 Minuten von dem Wohnort des Vaters aus.
Die Kindeseltern erklärten sich einverstanden mit Hilfe eines Therapeuten an ihrer Kommunikationsfähigkeit zu arbeiten. Außerdem besucht die Kindesmutter mit den Kindern einen Familientherapeuten. L. besucht seit dem 1.9.2015 eine Gruppe für Kinder getrenntlebender Eltern.
Das AG beschloss am 08.07.2014 (Bl. 134 f. d.A.) nach durchgeführter Beweisaufnahme durch Anhörung der Kinder L. und T.L., der Kindeseltern, der Vereinigung P. sowie des Verfahrensbeistandes und durch Einholung eines Gutachtens der Sachverständigen Dipl.-Psych. B. mit Beweisbeschluss vom 30.12.2013 zu der Frage, ob es insbesondere unter Berücksichtigung der Erziehungsfähigkeiten und der Bindungstoleranz der Eltern dem Kindeswohl am besten entspreche, künftig den Lebensmittelpunkt bei der Kindesmutter oder dem Kindesvater zu haben, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder L.L., geboren am ..., und T.L., geboren am ..., der Kindesmutter zu übertragen und den weiter gehenden Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts im Übrigen zurückzuweisen. Der Antrag des Kindesvaters wurde zurückgewiesen.
Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass es nach den Anhörungen und aufgrund der umfangreichen Auseinandersetzung der Sachverständigen B. mit den Lebensverhältnissen und Vorstellungen der Eltern und der Kinder zu der Überzeugung gelangt sei die Aufhebung des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungs- rechts und die Übertragung auf die Kindesmutter entspreche dem Wohl der Kinder L. und T. am besten. Die gemeinsame Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts scheitere an den unterschiedlichen Vorstellungen über eine Alltagsregelung für die Kinder. Die Kindesmutter sei der Meinung, die Kinder bräuchten einen Lebensmittelpunkt um zur Ruhe zu kommen. Dahingegen sei der Kindesvater der Ansicht die Kinder sollten ihre Eltern zu gleichen Teilen sehen. Die Kindesmutter biete den Kindern derzeit im Vergleich zu dem Kindesvater einen verlässlicheren Alltagsrahmen. So sei T. von ihrem Vater nicht zu den vorgegebenen Zeiten zur Kindertagesstätte ... gebracht worden. Außerdem werde L. durch den Kindesvater einem gewissen emotionalen Druck ausgesetzt. Dieser binde ihn unter Verweisung auf seine hohe soziale Intelligenz im Vergleich zur Kindesmutter stärker in den Konflikt zwischen den Eltern ein. So führe der Kindesvater mit L. Diskussionen auf Augenhöhe über das Wechselmodell und konfrontiere ihn mit anwaltlichen Schriftsätzen, was zu einer Überforderung von L. führe. Des Weiteren lebe der Kindesvater in relativ beengten Verhältnissen für eine dreiköpfige Familie. Freizeitaktivitäten würden zum Großteil von der Kindesmutter finanziert. Ein ausschlaggebendes Argument für die Übertragung des Lebensmittelpunktes auf die Kindesmutter seien die so genannten. sozio-ök...