Leitsatz (amtlich)
§§ 40 Abs. 2, 42 StGB
Lebt der Angeklagte von Bezügen am Rande des Existenzminimums, z. B. von Sozialhilfe, so kann es geboten sein, unter Berücksichtigung der nach § 42 StGB möglichen, zeitlich grundsätzlich nicht beschränkten Zahlungserleichterungen und unter Beachtung der Notwendigkeit der Wahrung der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel die Tagessatzhöhe unterhalb eines Dreißigstels der monatlichen, sich aus Geldzahlungen und etwaigen Sachmittelzuwendungen zusammensetzenden Bezüge festzusetzen, wobei sich auch dieser ermessensähnlich ausgestaltete Strafzumessungsakt einer schematischen Behandlung entzieht und damit revisionsrechtlich nur in eingeschränktem Maße überprüfbar ist.
Tenor
Die Revisionen werden als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die durch die Revision der Staatsanwaltschaft verursachten zusätzlichen Verfahrenskosten und Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse (§ 473 StPO).
Gründe
I. Mit ihrer zulässigen Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechtes, welche sie darin sieht, dass das Landgericht die Höhe eines Tagessatzes einer gegen den von monatlich 550, - DM Sozialhilfe lebenden, keinen Unterhalt leistenden und mit monatlichen Unterkunftskosten in Höhe von 100, - DM belasteten Angeklagten verhängten, in monatlichen Raten von 50, - DM zahlbaren Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen mit 15, - DM bemessen hat. Die Generalstaatsanwaltschaft, die der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten ist, beantragt Abänderung des Urteils dahin, dass ein Tagessatz auf 3, - DM bemessen wird.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet, da die Bemessung des Tagessatzes mit 15, - DM nicht rechtsfehlerhaft ist.
Gemäß § 40 Abs. 2 StGB errechnet sich die Höhe eines Tagessatzes in der Regel als der dreißigste Teil eines monatlichen Einkommens, zu welchem auch "unbare Vorteile" hinzuzuzählen sind, unter Berücksichtigung von Steuern, Sozialversicherungesbeiträgen und Unterhaltszahlungen. Bei Sozialhilfeempfängern kommt es auf sämtliche Unterstützungs- und Fürsorgeleistungen an, samt etwaiger Sachbezüge (vgl. dazu Tröndle/Fischer, 50. Aufl. , Rn 7 und 12 zu § 40 StGB m. w. N. ). Ist dem Verurteilten nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet ihm, die Strafe in bestimmtenTeilbeträgen zu zahlen (§ 42 StGB).
Von dieser Regel hinsichtlich der Bemessung der Tagessatzhöhe abzuweichen, kann nach einhelliger, nach Auffassung des Senates zutreffender obergerichtlicher Rechtsprechung geboten sein, wenn der Täter nur über Mittel in der Nähe des Existenzminimums verfügt (vgl. OLG Stuttgart, NJW 94, 745; OLG Celle, NStZ-RR 98, 272-273). Dabei ist - was die Revision verkennt - die eine übermäßige finanzielle Bedrückung des Täters jedenfalls relativierende Notwendigkeit einer Ratenzahlungsbewilligung in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen (s. OLG Stuttgart a. a. O. ). Allerdings entziehen sich alle drei Strafzumessungsakte einer schematischen Behandlung. Die jeweilige Ermessensausübung, bei der (auch) der erforderliche Charakter der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel Berücksichtigung finden muss, ist nur in beschränktem Maße revisionsrechtlich überprüfbar. Eine feste Regel, auf welchem Wege eine übermäßige finanzielle Bedrückung des Täters zu verhindern ist, gibt es nicht. Eine solche Regel ist auch in den o. g. Entscheidungen des OLG Stuttgart und des OLG Celle, welches sich dem OLG Stuttgart angeschlossen hat, nicht aufgestellt worden. Vielmehr findet sich in der Entscheidung des OLG Stuttgart lediglich ein Vorschlag, auf welche Weise der beschriebenen Problematik Rechnung getragen werden könne.
Danach begegnet das angefochtene Urteil keinen Bedenken. Das Landgericht ist in einem ersten Schritt vom Nettoprinzip ausgegangen, hat dann wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage des Angeklagten einen Abschlag vorgenommen und schließlich in großzügiger Weise Ratenzahlung bewilligt. Dass der Angeklagte nun 18 Monate lang die Folgen seiner Straftaten spürt, begegnet keinen Bedenken, da der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet hat, die Anzahl der Raten zu beschränken (vgl. dazu zutreffend OLG Düsseldorf, StV 99, 387), das Verbot übermäßiger Bestrafung durch eine achtzehnmonatige Belastung nicht missachtet wird und es dem Angeklagten auch nach Abzug eines nach § 22 BSHG unantastbaren Existenzminimums i. H. v. 440, - DM möglich ist, höhere Raten zu zahlen und so sich schneller von der Zahlungspflicht zu befreien.
Soweit die Revisionen sich auf die Entscheidung des 2. Strafsenates des HansOLG v. 5. 1. 99, Az. : 1 Ss 82/99 berufen, ist darauf hinzuweisen, dass die dortige Argumentation, soweit sie der jetzt getroffenen Entscheidung entgegenstehen könnte, vereinzelt geblieben ist.
Selbst bei Anwendung der Berechnungsformel des OLG Stuttgart bewegt sich das Urteil in einem revisionsrechtlich hinzunehmenden Rahme...