Leitsatz (amtlich)
1. Der Lizenznehmer ist mit Zustimmung des Markeninhabers für die Klage (hier: auf Auskunftserteilung) wegen Verletzung einer Marke klagebefugt (§ 30 MarkenG), sofern der Regelfall einer "dinglichen" Lizenz vorliegt; das gilt für die ausschließliche ebenso wie für die einfache Lizenz.
2. Wird ein Arzneimittel mit markenrechtlich geschützter Bezeichnung beim EU-Parallelimport unter Markenersetzung umgepackt im Inland vertrieben, so ist eine Markenverletzung gegeben, wenn die Markenersetzung nach den Grundsätzen zur künstlichen Marktabschottung (Art. 28, 30 EG) nicht erforderlich ist, und zwar unter entsprechender Anwendung der EuGH-Kriterien zur Erschöpfung.
Die objektiv zu bestimmende "Zwangslage" zur Markenersetzung kann sich für den Parallelimporteur auch durch Verbietungsrechte aus einer Drittmarke ergeben. Hierfür genügt aber die bloße Registerlage nicht, der Parallelimporteur muss sich um Klärung bemühen, ob mit einem Verbot aus der Drittmarke tatsächlich zu rechnen ist.
Normenkette
BGB § 242; EG Art. 28, 30; MarkenG §§ 14, 19, 30 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 03.12.2002; Aktenzeichen 312 O 465/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und auf die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, v. 3.12.2002 abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang des seit dem 1.12.2001 erfolgten Vertriebs von aus Ländern der EU importierten Arzneimitteln mit der Bezeichnung "Zomig", die in Deutschland mit der Bezeichnung "AscoTop" versehen, feilgehalten oder in den Verkehr gebracht wurden, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben:
- die jeweils bestellte und bezogene Importware, aufgeschlüsselt nach Packungsgrößen, nach Bestelldaten und Lieferdaten und unter Angabe der gezahlten Einkaufspreise;
- die Menge der hergestellten, von dritter Seite bestellten und der ausgelieferten Fertigware, aufgeschlüsselt nach Packungsgrößen, Herstellungs-, Bestell- und Auslieferungsdaten sowie unter Angabe der erzielten Verkaufserlöse;
- der Umsatz, die Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie der erzielte Gewinn;
und zwar unter Vorlage der entsprechenden Bestellschreiben, Einkaufsbelege, Rechnungen und Lieferscheine für den Einkauf und den Absatz, wobei Hinweise auf die Herstellerfirmen, Lieferanten und Vorbesitzer der Arzneimittel nebst der sich darauf beziehenden Bestell- und Lieferdaten unkenntlich gemacht werden dürfen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 1.12.2001 aus den vorstehend unter Ziff. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Im Übrigen wird die Klage, wie sie in der Berufungsverhandlung gestellt worden ist, abgewiesen.
Im Übrigen werden die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin 1/10 und die Beklagten 9/10. Von den Kosten der zweiten Instanz tragen die Klägerin 2/5 und die Beklagten 3/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 30.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 1.200 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin - ein zum B-Konzern gehörendes deutsches Pharmaunternehmen - vertreibt in Deutschland u.a. das Arzneimittel "AscoTop" (ein Migränemittel). Im Europäischen Ausland wird das Arzneimittel vom Konzern der Klägerin überwiegend unter "ZOMIG" vertrieben, so auch in Portugal.
Die Beklagten befassen sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln, die Beklagte zu 2) ist im Mitvertrieb zusammen mit der Beklagten zu 1) tätig. Sie haben das aus Portugal stammende Arzneimittel "ZOMIG" parallelimportiert, in "AscoTop" umgekennzeichnet und so in Deutschland vertrieben.
Die Klägerin beanstandet das als Markenrechtsverletzung und nimmt die Beklagten mit der vorliegenden Klage auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch.
Die Firma Sosi Pharmaceuticals, USA (im Folgenden: die Firma SOSI) ist Inhaberin der deutschen Marke "Ascotop" Nr. 2... (der Klagemarke), mit ihr ist die Klägerin vertraglich verbunden (vgl. Anlagen K 5-6).
Die Firma T-AG, Schweiz, (im Folgenden: die T-...) ist Inhaberin der deutschen Wortmarke Nr. 3 - "Zomig" (im Folgenden: ZOMIG-Gegenmarke), und zwar für "pharmazeutische Erzeugnisse, insb. Humanarzneimittel" (Anlage B 3). Die T-... hat unter dem 25.3.2002 ggü. dem Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der ZOMIG-Gegenmarke beantragen lassen (Anlage B 5).
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