Leitsatz (amtlich)
Die Besatzung des Lotsenversetzdienstes zählt nicht zu den Erfüllungsgehilfen des Seelotsen.
Normenkette
BGB § 80
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 11.12.2008; Aktenzeichen 413 O 93/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 11.12.2008 (Az. 413 O 93/06) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.811.446,70 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten, einen Seelotsen, aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen der Strandung des Containerschiffs "Alianca Sao Paulo" (nachfolgend: ASP), heute "Rio Verde", am 6.1.2005 in der Elbmündung in Anspruch.
Die ASP befand sich am 6.1.2005 unter Führung des Kapitäns W. auf der Fahrt von Rotterdam nach Hamburg. Der Beklagte wurde für die Lotsung der ASP ab ca. 05:00 Uhr auf der Strecke bis Brunsbüttel eingeteilt. Zu diesem Zeitpunkt herrschten starke Winde aus westlicher Richtung mit einer Stärke von sechs bis acht Beaufort und eine Wellenhöhe von zwei bis vier Metern.
Um 04:26 Uhr wies der Kapitän des Lotsenstationsschiffs "Elbe", Herr S., den Kapitän der ASP an, die Lotsentreppe auf der Backbordseite 3,50 m über der Wasseroberfläche auszubringen. Um 04:26 Uhr ergänzte Herr S., die ASP möge ihre Fahrt auf 10 kn reduzieren. Um 04:45 Uhr passierte das Containerschiff die Ansteuerungstonne "Elbe" an seiner Backbordseite in einem Abstand von 1,1 sm. Der Kapitän änderte den Kurs von rw 90 auf rw 83 und reduzierte die Fahrt auf 10 kn.
Das Lotsenstationsschiff "Elbe" mit dem SWATH-Lotsentender "Wangeroog" lag in der Nähe der Tonne 3, nördlich des Tonnenstrichs, der nahe der 10 m - Linie des Schaarhörn-Riffs verläuft. Die Fahrwassertonne 1 war nicht in Betrieb. Um 05:15:46 Uhr änderte der Kapitän der ASP den Kurs nach Steuerbord auf 160 , um Windschutz für die Übernahme des Beklagten zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt war das Lotsenstationsschiff, das sich Steuerbord voraus befand, knapp 1 sm entfernt.
Der Lotsentender mit dem Beklagten an Bord näherte sich in schneller Fahrt der Backbordseite der ASP, die weiter über Steuerbord drehte. Um 05:16:10 Uhr gab der Kapitän des Lotsentenders, Herr D., dem Kapitän der ASP die Anweisung "Captain, steady so, boarding speed 10 knots", der den Kurs daraufhin bei 148 bis schließlich 160 stabilisierte.
Ein erster Versuch, den Beklagten abzugeben, schlug fehl, weil der Lotsentender sich nicht an der Bordwand der ASP halten konnte. Um 05:18:10 Uhr wies Kapitän D. den Kapitän der ASP daher an: "Captain, I need 10 knots. It's not very good 6 knots."
In der Zeit zwischen 05:18 Uhr und 05:19:10 Uhr gelang es dem Lotsentender schließlich, den Beklagten an der Backbordseite der ASP abzugeben. Um den Lotsentender vom Heck des ASP freizubekommen, gab Kapitän D. dem Kapitän W. zwischen 05:19:10 Uhr und 05:19:50 Uhr die Anweisung: "Captain, hard to starboard". Mit der nun aufgenommenen Steuerborddrehung passierte die ASP um 05:19:54 den Tonnenstrich.
Nachdem der Lotsentender vom Heck der ASP freigekommen war, erteilte Kapitän D. dem Kapitän der ASP die Anweisung: "Captain, please come hard to port". Kapitän W. ließ das Ruder aber auf "Hart-Steuerbord" legen und gab "Halbe Voraus" in der Hoffnung, das Schiff über Steuerbord noch vor dem Schaarhörn Riff freizufahren.
Um 05.20 befand sich der Beklagte an Deck der ASP. Um 05:22:50 Uhr rief der Beklagte nach der Begrüßung durch Kapitän W. das Lotsenstationsschiff an und erklärte: "Ja, Herr S., der Kapitän dreht hier gerade einen Kreis, ich drehe den Kreis zu Ende, hat den Dampfer nicht mehr rumgekriegt und dann geht das mit 10,50 Meter nach Hamburg."
Um 05:27 teilte der Beklagte der Verkehrszentrale Cuxhaven mit, das Schiff sei auf der Wattkante des Schaarhörn Riffs festgekommen.
Die ASP kam mit steigendem Wasser gegen 16:18 Uhr mit Hilfe von Bergungsschleppern frei. Das Schiff fuhr aus eigener Kraft nach Hamburg, wo es in der Zeit vom 09.01. bis zum 24.1.2005 repariert wurde.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei zwar erst am 20.1.2005 als Eigentümerin des Schiffes in das Schiffsregister des AG Hamburg eingetragen worden (Anl. K 32); ihre Aktivlegitimation ergebe sich aber daraus, dass die Kaskoversicherer des Schiffes die Versicherungsleistung an die Versicherungsnehmerin ... Shipping Inc. geleistet habe, die zum Zeitpunkt der Strandung am 6.1.2005 noch Eigentümerin der ASP gewesen sei. Damit seien die Ansprüche der Versicherungsnehmerin gem. § 79 MIA (The Marine Insurance Act) auf die Versicherer übergegangen. Die Versicherer hätten sodann die auf sie übergangenen Ansprüche an die Klägerin abgetreten (Anl....