Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtshaftung bei rechtswidriger vorläufiger Untersagung der Berufsausübung eines Seelotsen
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839; SeelotG §§ 14-15; SeeSchStrO § 26
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 17.01.2014) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.1.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des LG Kiel unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 42.875,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 41.344,71 EUR seit dem 26.11.2012 sowie auf weitere 1.530,59 EUR seit dem 6.7.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 62 %, die Beklagte zu 38 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung seitens der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Amtshaftungsanspruch geltend, und zwar mit dem Vorwurf, diese habe ihm zu Unrecht einstweilen seine Tätigkeit als Seelotse untersagt. Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Der Kläger könne gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch geltend machen, da diese ihm gegenüber keine Amtspflichten verletzt habe. Die vorläufige Untersagung der Tätigkeit als Seelotse sei nach § 15 SeeLG rechtmäßig gewesen. Es hätten aus damaliger Sicht dringende Gründe für die Annahme bestanden, dass die Bestallung des Klägers widerrufen würde, und zwar gem. § 14 Nr. 3 SeeLG.
Dringende Anhaltspunkte für einen gröblichen Pflichtenverstoß hätten sich aus den unstreitigen Tatsachen betreffend die Fahrt der "T. am 13.2.2011 ergeben. Der Kläger sei seinerzeit nicht, wie von § 26 Abs. 1 S. 1 SeeSchStrO vorausgesetzt, mit sicherer Geschwindigkeit gefahren, um Gefährdungen durch Sog oder Wellenschlag zu vermeiden. Er habe auf dieser Fahrt drei Mal in erheblichem Maße die vom Wasser- und Schifffahrtsamt Hamburg empfohlenen Geschwindigkeiten überschritten. Zwar handele es sich insoweit nicht um eine verbindliche Bestimmung der jeweiligen Höchstgeschwindigkeit. Sie gäben allerdings derart verlässliche Anhaltspunkte dazu, was in den gekennzeichneten Streckenabschnitten des Elbmündungsgebiets als sichere Geschwindigkeit anzusehen sei, so dass ein Verstoß gegen die SeeSchStrO jedenfalls dann anzunehmen sei, wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht durch erhebliche nautische Gründe gerechtfertigt sei. Die Empfehlungen beruhten ihrerseits auf dem nautischen Sachverstand des Wasser- und Schifffahrtsamts Hamburg sowie der Lotsenbrüderschaft Elbe.
Auf die Frage, ob die Geschwindigkeitsempfehlungen auf Testfahrten mit einem Bemessungsschiff beruhten, dessen Maße die der "T." deutlich überstiegen hätten, komme es nicht an. Dies ändere nichts daran, dass die Empfehlungen letztlich für alle Schiffstypen gälten.
Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, vor Erlass des Bescheids die vom Kläger geltend gemachten nautischen Gründe für die Geschwindigkeitsüberschreitungen sachverständig klären zu lassen, denn die Geschwindigkeitsüberschreitungen als solche, aus denen sich der gröbliche Verstoß herleiten lasse, seien unstreitig. Es sei lediglich die Frage einer Rechtfertigung offen gewesen. Die Angaben des Klägers wiederum in seiner Stellungnahme seien für sich genommen nicht geeignet gewesen, die Annahme eines gröblichen Verstoßes auszuräumen. Denn etwaige Gefahren beim Passieren eines entgegenkommenden Schiffes hätten auch durch eine Reduzierung der Geschwindigkeit der "T." oder beider Schiffe gemindert werden können. Im Übrigen sei die nautische Bewertung der damaligen Sachlage zwischen den Parteien äußerst streitig. Die Einschätzung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord wiederum begegne keinen offenkundigen Bedenken. Vor diesem Hintergrund habe sie im Rahmen ihrer Prognoseentscheidung zu der Einschätzung gelangen dürfen, dass nautische Gründe die Geschwindigkeitsüberschreitungen voraussichtlich nicht würden rechtfertigen können. Die Einholung eines nautischen Sachverständigengutachtens sei nicht erforderlich gewesen, denn § 15 SeeLG sehe im Interesse der Sicherheit der Schifffahrt gerade vor, dass das Erwerbsinteresse des einzelnen Seelotsen insoweit zurücktreten müsse.
Es hätten auch hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger infolge des gröblichen Verstoßes gegen seine Berufspflichten ungeeignet sei, den Lotsenberuf weiter auszuüben. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Bestimmung des § 26 SeeSchStrO vo...