Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 09.05.2019; Aktenzeichen 327 O 374/18)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 9. Mai 2019, Az. 327 O 374/18, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Unterlassungstenor zu I. 2. statt "Parallelimporteur" nunmehr "Parallelvertreiber" heißt.

Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.

Das vorliegende Urteil und das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Mai 2019 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg hinsichtlich der Verurteilung zu Ziff. I. durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 170.000.00 und hinsichtlich der Verurteilung zu Ziff. II. durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 15.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

Wegen der Kosten dürfen die Parteien die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen sie aus dem landgerichtlichen sowie dem vorliegenden Urteil jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A. Die Klägerinnen zu 1) und 2) haben die Beklagte aus Wettbewerbs- und Markenrecht auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen.

Die Klägerin zu 1) ist Inhaberin der zentralen europäischen Zulassung für das Arzneimittel K...* und für das Inverkehrbringen von K...* in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verantwortlich (Anlage K 3). Die Klägerin zu 2) ist Inhaberin der Produktrechte an dem Arzneimittel K...*, einschließlich der Rechte an der Unionswortmarke "K.", Nr. 00..., welche mit Priorität vom 2. Mai 2006 für die Waren "pharmazeutische Präparate, nämlich Arzneimittel einschließlich Tetrahydrobiopterin (BH4) und damit verbundene Präparate für die Behandlung Phenylketonurie" registriert worden ist (Anlage K 1).

Das Humanarzneimittel K.* ist zugelassen zur Behandlung von Patienten mit Phenylketonurie (PKU), welche unter Hyperphenylalaninämie (HPA) leiden (Anlagen K 2 und K 3). Bei HPA handelt es sich um eine seltene Krankheit, unter der in der Europäischen Union ca. 1,7 von 10.000 Menschen, in Deutschland insgesamt ca. 7.500 Menschen leiden.

Die Klägerinnen vertreiben das Arzneimittel K.* in einem sog. "Multi-Country-Pack", einer deutschsprachigen Verpackung, die den Kennzeichnungsanforderungen sowohl in Deutschland als auch in Österreich entspricht und daher in diesen Staaten unverändert auf den Markt gebracht werden kann. Auf der Rückseite der Verpackung befindet sich die sog. Blue Box, in der die nach den nationalen Anforderungen erforderlichen Angaben zu einem zentral zugelassenen Arzneimittel ergänzend anzubringen sind. Für den Vertrieb in Österreich heißt es dort "Österreich rezept- und apothekenpflichtig", für den Vertrieb in Deutschland heißt es dort: "Deutschland N1 Verschreibungspflichtig ... PZN....." bzw. Deutschland N2 Verschreibungspflichtig ... PZN ... (Anlage K 2). Dabei handelt es sich um die Pharmazentralnummern (PZN) der Fa. B... Ltd., welche zum Konzern der Klägerinnen gehört.

Die Beklagte hat "Multi-Country-Packs" des Arzneimittels K.*, welche die Klägerinnen in Österreich auf den Markt gebracht hatten, nach Deutschland importiert und diese Packungen in Deutschland unverändert und ohne eine Anzeige gegenüber der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) oder gegenüber den Klägerinnen in Verkehr gebracht.

Das hat u.a. dazu geführt, dass die auf diese importierten K.*-Packungen anfallenden Herstellerrabatte nach § 130a SGB V nicht der Beklagten, sondern der für die Klägerin tätigen Dienstleisterin, der Fa. B. Ltd., berechnet worden sind. Die Fa. B... Ltd. hat für die Klägerin zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 31. März 2018 die gemäß § 130a SGB V anfallenden Herstellerrabatte für das Präparat K.* bezahlt. Nachfolgend hat die Klägerin zu 1) der Fa. B. Ltd. die geleisteten Herstellerrabatte erstattet. Die Fa. B. Ltd. hat vor Klagerhebung sämtliche etwaigen Ansprüche, die ihr im Zusammenhang mit dem Parallelvertrieb von K.* zustehen könnten, an die Klägerin zu 1) abgetreten. Seit dem 1. April 2018 hat die Klägerin zu 1) den entsprechenden Herstellerrabatt unmittelbar selbst entrichtet.

Ende des Jahres 2017 stellten die Klägerinnen fest, dass der Klägerin zu 1) in Deutschland erheblich mehr Herstellerrabatte in Rechnung gestellt worden waren, als durch die Anzahl der von der Klägerin zu 1) in Deutschland in Verkehr gebrachten Produkte gerechtfertigt gewesen wäre.

Nachdem ein deutscher Arzneimittelgroßhändler den Klägerinnen mit Schreiben vom 10. Juli 2018 mitgeteilt hatte, dass er die aus Österreich importierten K.*-Packungen von der Beklagten bezogen hatte (Anlage K 4), ließen die Klägerinnen die Beklagte mit Schreiben v...

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