Leitsatz (amtlich)
1. Das Widerrufs-/Rückgaberecht nach § 312d BGB kann bei dem Verkauf von Kontaktlinsen und Kontaktlinsenpflegemitteln nicht auf ungeöffnete Original-Umverpackungen beschränkt werden.
2. Die Bestimmungen der §§ 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB, 4 Medizinproduktegesetz (MPG) führen jedenfalls dann zu keinem anderen Ergebnis, wenn die Kontaktlinsen und Kontaktlinsenpflegemittel sich in gesonderten Verpackungen befinden und unter hygienischen Gesichtspunkten nicht beeinträchtigt werden.
3. Eine Verletzung der Informationspflichten nach §§ 312c BGB i.V.m. der BGB-InfoV stellt regelmäßig eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung des Verbrauchers i.S.v. § 3 UWG dar.
Normenkette
UEG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8; BGB § 312c Abs. 1; EGBGB Art. 240; BGB-InfoV § 1 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 28.04.2006; Aktenzeichen 408 O 184/06) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, vom 28.4.2006 (408 O 184/06) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
I. Die Parteien handeln im Wege des Fernabsatzes mit Kontaktlinsen und Kontaktlinsenpflegemittel (Anlage Ast 1, Ast 2).
Die Antragsgegnerin verwendete dabei die aus der Anlage Ast 2 ersichtlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen es unter Ziff. 3 ("Umtauschrecht") auszugsweise wie folgt heißt:
"Es gilt das gesetzliche Rückgaberecht und Umtauschrecht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Ware (laut Poststempel). Dieses gilt für Rücksendungen in ungeöffneten Originalverpackungen...
Wir nehmen ausschließlich frankierte Rücksendungen an. Entstandene Kosten werden wir Ihnen gem. den gesetzlichen Bestimmungen erstatten. Nach Absprache senden wir Ihnen per Post einen Rücksendeschein zu."
Der Antragssteller ist der Auffassung, dass die AGB-Bestimmungen im Hinblick auf verschiedene Regelungen wettbewerbswidrig sind. Er erwirkte die einstweilige Verfügung des LG Hamburg vom 15.3.2006, mit welcher der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel u.a. verboten wurde,
"bei der Tätigkeit im Fernabsatz Kontaktlinsenpflegemittel und/oder Kontaktlinsen anzubieten und/oder zu verkaufen bzw. anbieten und/oder verkaufen zu lassen,
a) wenn und soweit das fernabsatzrechtliche Widerrufs- und Rückgaberecht für Verbraucher beschränkt wird auf ungeöffnete Originalverpackungen
und/oder
b)...
wie geschehen auf dem Online-Marktplatz eBay im Zusammenhang mit den Angeboten unter der Artikelnummer 7593001699 und 7598292040 gem. Ziff. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin (Anlage Ast 2)."
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin bestätigte das LG Hamburg mit Urteil vom 28.4.2006 die einstweilige Verfügung. Auf den Inhalt des Urteils wird wegen der Einzelheiten auch zur Ergänzung des Tatbestandes verwiesen.
Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft mit ihrer fristgerecht eingelegten (Teil-)Berufung ihr erstinstanzliches Vorbringen. Bei den von ihr vertriebenen Kontaktlinsen und Kontaktlinsenpflegemitteln handele es sich um Medizinprodukte nach § 3 Abs. 1 Medizinproduktegesetz (MPG). Nach § 4 MPG sei es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn der begründete Verdacht bestehe, dass die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung und ihrer Zweckbestimmung entsprechenden Verwendung über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehend gefährdet wird. Sie gehe daher davon aus, dass die Kontaktlinsen und Kontaktlinsenpflegemittel nicht mehr in den Verkehr gebracht werden dürften, wenn die Originalverpackung geöffnet oder sogar beseitigt worden sei. Das LG habe verkannt, dass Kontaktlinsen als Medizinprodukte nur in ordnungsgemäßer oder unbeschädigter Umverpackung mit dem entsprechenden Beipackzettel verkauft werden dürften. Die von ihm vertriebene Ware würde somit der Ausnahmevorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB unterfallen.
Die Antragsgegnerin beantragt, das Urteil des LG Hamburg vom 28.4.2006 (408 O 184/06) teilweise insoweit abzuändern, als der Antragsgegnerin mit der einstweiligen Verfügung des LG vom 15.3.2006 unter Anordnung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten worden ist, bei der Tätigkeit im Fernabsatz Kontaktlinsenpflegemittel und/oder Kontaktlinsen anzubieten und/oder zu verkaufen bzw. anbieten und/oder verkaufen zu lassen,
a) wenn und soweit das fernabsatzrechtliche Widerrufs- und Rückgaberecht für Verbraucher beschränkt wird auf ungeöffnete Originalverpackungen, und insoweit den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Antragssteller beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Ergänzend wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das LG hat zu Recht im Umfang der (Teil-)Berufung die einstweilige Verfügung vom 15.3.2006 bes...