Verfahrensgang

AG Bremen (Urteil vom 21.12.1998; Aktenzeichen 65 F 2368/98)

 

Tenor

1. Die Berufung des Antragsgegners gegen das Verbundurteil des Amtsgerichts Bremen, Familiengericht, vom 21.12.1998 wird zurückgewiesen, soweit es den Scheidungsausspruch (Ziff. I.) betrifft.

2. Soweit es den Ausspruch zur elterlichen Sorge betrifft (Ziff. II. des vorgenannten Urteils), werden die Rechtsmittel beider Parteien mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Sorgerechtsregelung betreffend Katayoun, geb. 20.9.1983, und Natasha, geb. 28.5.1989, wie folgt gefaßt wird:

Die tatsächliche Personensorge i.S.d. Art. 1169 des iranischen ZGB einschließlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts zur Vertretung der Kinder in Unterhaltssachen für beide Kinder wird der Kindesmutter übertragen. Das Sorgerecht im übrigen übt der Kindesvater aus.

3. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Antragstellerin zu 1/7, der Antragsgegner zu 6/7. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten bleibt es bei der Entscheidung des Familiengerichts.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert der Berufungsinstanz beträgt 5.500,– DM (Scheidung 4.000,– DM, elterliche Sorge 1.500,– DM).

 

Gründe

(Von der Darstellung des Tatbestandes im einzelnen wird gem. § 543 I ZPO abgesehen.)

Die Parteien sind iranische Staatsangehörige. Sie leben seit September 1998 getrennt. Das Familiengericht hat durch das angefochtene Scheidungsverbundurteil auf Antrag der Antragstellerin und gegen den Willen des Antragsgegners die Ehe der Parteien geschieden. Das Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Töchter Katayoun, geb. 20.9.1983, und Natasha, geb. 28.5.1989, hat das Familiengericht in der Weise geregelt, daß es für beide Töchter die Personensorge der Mutter und die Vermögenssorge dem Vater übertragen hat. Beide Parteien greifen die getroffene Sorgerechtsregelung im Rechtsmittelwege an. Der Antragsgegner verfolgt darüber hinaus sein Ziel der Abweisung des Scheidungsantrages weiter.

I.

Soweit es den Scheidungsausspruch betrifft, ist die zulässige Berufung des Antragsgegners unbegründet.

Das Familiengericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung seine internationale Zuständigkeit und die Anwendbarkeit iranischen materiellen Rechts auf das Scheidungsbegehren angenommen. Dem Familiengericht ist auch darin zuzustimmen, daß im Ergebnis die Voraussetzungen für eine Ehescheidung nach iranischem Recht vorliegen. Dabei kann dahinstehen, ob – wie es das Familiengericht angenommen hat – der Scheidungsantrag bereits nach Art. 1129 II des iranischen Zivilgesetzbuches (im folgenden: ZGB) begründet ist, also wegen Unvermögens des (hier seit längerem unverschuldet arbeitslosen) Ehemannes, die Kosten für den Unterhalt sicherzustellen. Dies hängt davon ab, ob die Vorschrift auch Fälle unverschuldeter Leistungsunfähigkeit umfaßt (bejahend Henrich, IPRax 1995, 166, 167; vgl. auch OLG Düsseldorf, FamRZ 1998, 1113) und ob ggf. ein solches Verständnis der Vorschrift zu einem gegen den deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) verstoßenden Ergebnis führen würde, was der Antragsgegner mit beachtlichen Argumenten geltend macht. Denn jedenfalls ist der Scheidungsantrag aus Art. 1130 ZGB begründet.

Nach den Angaben der Parteien und der beiden Kinder bei ihren Anhörungen durch das Familiengericht und – im zweiten Rechtszug – durch den Berichterstatter ist davon auszugehen, daß der Antragsgegner wiederholt die Antragstellerin und die Tochter Katayoun mißhandelt hat. Beide Kinder haben bestätigt, was auch die Antragstellerin angegeben hat, daß nämlich der Antragsgegner bis zu deren Auszug nicht nur seine Ehefrau geschlagen, sondern seit langem auch Katayoun ständig mißhandelt habe. Er habe Katayoun zum Teil mit Holz oder mit anderen Gegenständen geschlagen. Einmal habe er ihre Hände in eine Steckdose geführt. Nach den Angaben der Kinder, die der Antragsgegner im übrigen auch nicht substantiiert bestritten hat, kann es keinen ernsthaften Zweifel an Mißhandlungen von Familienangehörigen durch den Antragsgegner geben. Ein Festhalten an der Ehe würde unter diesen Umständen für die Antragstellerin eine Härte i.S. des Art. 1130 ZGB bedeuten. Sie würde sich darüber hinaus im Sinne dieser Bestimmung – jedenfalls gegenüber der Tochter Katayoun – schuldig machen, wenn sie die Ehe aufrechterhielte, so daß es nicht auf die Frage ankommt, ob das Schuldigwerden bei einem Festhalten an der Ehe kumulativ zu dem Vorliegen einer Härte hinzukommen muß (vgl. dazu Rahm/Künkel/Breuer, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, VIII Rn. 212 „Iran”). Die Antragstellerin hat schließlich ihr Scheidungsbegehren auch unverzüglich i.S. des Art. 1131 ZGB geltend gemacht.

II.

Soweit es die Sorgerechtsentscheidung betrifft, geben die zulässigen Rechtsmittel beider Parteien Veranlassung zu einer Korrektur der getroffenen Regelung. Im wesentlichen sind die Rechtsmittel aber unbegründet.

Auch die Sorgerechtsentscheidung, für die das Familiengericht und der Senat als Beschwerdegericht ebenfalls int...

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