Entscheidungsstichwort (Thema)

YACHT II

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Berechnung eines Schadensersatzanspruchs nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie unter Heranziehung der MFM-Empfehlungen kommt - trotz bestehender grundsätzlicher Bedenken gegen diese Vergütungsvorstellungen - jedenfalls dann in Betracht, wenn die Parteien im Rahmen ihrer vertraglichen Vereinbarungen - wenn auch für andere als die streitgegenständliche Verwendung - diese Empfehlungen als "Auffangregelung" für nicht erfasste Nutzungen vereinbart haben.

2. Haben die Parteien für die Nutzung eines Lichtbildes in der Printausgabe einer Zeitschrift eine (angemessene) Vergütungsregelung getroffen, stellt sich die spätere, bei Abschluss der Vereinbarung noch nicht vorhersehbare öffentliche Zugänglichmachung der digitalisierten Zeitschriften-Jahrgänge auch zur Online-Nutzung jedenfalls lizenzrechtlich nicht als vollständig neue Nutzungsart, sondern als Annex zu der bereits vergüteten Nutzung dar. Hierfür ist (lediglich) ein Erhöhungsbetrag geschuldet, den verständige Lizenzvertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie diese zusätzliche Art der Publikation vorhergesehen hätten.

3. Auch wenn ein Verletzer verpflichtet ist, eine nicht genehmigte digitale Nutzung von Lichtbildern (im externen Gebrauch) zu unterlassen, kann ihm das Recht zustehen, die eingebundenen Lichtbilder in den Druckvorlagen von Printmedien (für den internen Gebrauch) in digitaler Form zu archivieren. Diese Befugnis umfasst nur eine Nutzung als Sicherungsmedium, nicht jedoch den Aufbau eines digitalen, mit Hilfe von Suchprogrammen inhaltlich zu erschließenden Archivs.

4. Unabhängig davon, wie lang die angemessene Wartefrist zur Abgabe einer Abschlusserklärung durch den Antragsgegner im Einzelfall zu bemessen sein wird, ist diese jedenfalls spätestens 1 Monat nach Zustellung des begründeten erstinstanzlichen Widerspruchsurteils abgelaufen.

5. Für die Versendung eines Abschlussschreibens fällt in der Regel nur eine 0,8-Gebühr nach Nr. 2300 VV zu § 13 RVG an, selbst wenn der Ausgangsrechtsstreit schwierig war, da die Klärung streitiger Rechtsfragen durch eine gerichtliche Entscheidung bereits stattgefunden hat.

 

Normenkette

UWG § 12 Abs. 1 S. 2; UrhG § 98 Abs. 1, § 31 Abs. 5; ZPO § 287 Abs. 1; RVG-VV Nr. 2300; RVG § 13

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 09.03.2007; Aktenzeichen 308 O 644/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 9.3.2007 abgeändert:

Die Beklagte wird zu Ziff. I. verurteilt, an den Kläger 35.438,83 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf 1.074,03 EUR seit dem 17.3.2005, auf 3.914,80 EUR seit dem 12.4.2005 und auf 10.450 EUR seit dem 4.5.2005 zu zahlen.

Zu Ziff. II. werden die Zeilen 175 und 183 in die Ausnahmeliste mit aufgenommen.

Ziff. III.b) erhält folgende Fassung:

"sämtliche digitalen Daten an den vorgenannten Werken zu löschen, mit Ausnahme zu Sicherungszwecken angelegter digitaler Druckvorlagen von Heftausgaben unter der Voraussetzung, dass insoweit keine über die reine Sicherung hinausgehenden Nutzungsmöglichkeiten bestehen, insbesondere keine digitale Archivierung, Erschließung bzw. Recherche von Textbeiträgen oder Lichtbildern."

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird ebenso wie die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte 41 %, der Kläger trägt 59 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 170.000 EUR, der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 EUR abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein auf den Bereich Wassersport spezialisierter Fotograf und Autor, verlangt von der im Verlagsgeschäft tätigen Beklagten Schadensersatz, Herausgabe von Dias sowie Unterlassung der Nutzung von ihm, dem Kläger, erstellter Fotos und Reportagen (Texte und Fotos) auf Messen und/oder im Internet.

Die Beklagte verlegt u.a. die Segelzeitschrift "YACHT". Für dieses Verlagsobjekt arbeitete der Kläger auf der Grundlage diverser Vereinbarungen der Parteien bis zum April 2001. Eine Vielzahl seiner Fotos und Reportagen wurde in der Zeitschrift "YACHT" veröffentlicht. In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten. Die geschäftliche Zusammenarbeit wurde beendet, der Kläger verlangte von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung seiner Lichtbilder.

Die Beklagte hatte sich mit gerichtlichem Vergleich in dem Rechtsstreit 308 O 436/03 bei Meidung einer von dem Kläger nach billigem Ermessens festzusetzenden Vertragsstrafe verpflichtet, es zu unterlassen, näher bezeichnete Lichtbilder des Klägers im Internet öffentlich zu machen bzw. öffentlich machen zu lassen. Hinsichtlich weiterer Lichtbilder des Klägers war die Beklagte insoweit in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit Urtei...

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