Datenschutz für Wohnraumfotos beim Hausverkauf

Immobilienmakler benötigen für die Veröffentlichung von Fotos der Wohnräume in einem online gestellten Exposé beim Verkauf eines Hauses die Einwilligung der Bewohner. Andernfalls kommen Schadensersatzansprüche nach der DSGVO in Betracht.

Die von einem Makler angefertigten Fotos von den Innenräumen einer Immobilie unterfallen dem Datenschutz. Verwendet der Makler diese Fotos in einem von ihm veröffentlichten Exposé, muss er vorher die Einwilligung der Bewohner einholen.

Wohnungsmieter verklagen Makler auf Schmerzensgeld

Geklagt gegen den Makler hatten die Mieter einer Doppelhaushälfte. Der beklagte Makler war von den Eigentümern mit dem Verkauf der Immobilie beauftragt worden. In Vorbereitung des Verkaufs hatten Mitarbeiter des Maklers in einem mit den Mietern abgesprochenen Termin Lichtbildaufnahmen von den Innenräumen gefertigt. Diese veröffentlichte der Makler in einer Verkaufsanzeige auf der Internetseite „Immoscout“.

Diffuses Gefühl des Beobachtetseins

In der Folgezeit wurden die Kläger von diversen Personen auf die Fotos ihrer Wohnräumlichkeiten angesprochen. Die Kläger entwickelten als Mieter ein diffuses Gefühl des Beobachtetseins, sie fühlten sich demaskiert und empfanden durch die Veröffentlichung ihrer privaten Wohnsphäre als verletzt.

Nach Aufforderung Fotos aus dem Netz entfernt

Nach einem entsprechenden Hinweis durch einen von den Klägern eingeschalteten Rechtsanwalt nahm der Makler die beanstandeten Fotos sofort wieder aus dem Netz. Dies genügte den Klägern nicht. Sie forderten gerichtlich Auskunft über Umfang und Art der Speicherung der Lichtbildaufnahmen sowie die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes infolge des aus ihrer Sicht eingetretenen Demaskierungseffektes.

Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld nicht ausgeschlossen

Das Gericht zog einen Anspruch der Kläger auf Schadenersatz gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO in Betracht. Die Kammer verneinte aber einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 DSGVO. Hiernach wäre die Fertigung von Lichtbildaufnahmen von den Klägern bewohnten Räumen ohne Einwilligung der Bewohner unstatthaft. Eine solche Einwilligung hatten die Kläger nach der Bewertung des LG jedoch erteilt, indem sie mit dem Maklerbüro, auf dessen Bitte einen Termin zur Anfertigung der Lichtbildaufnahmen vereinbart hatten.

Wirksame Einwilligung in Veröffentlichung

Diese Einwilligung hatten die Kläger nach Auffassung des Gerichts in dem Wissen erteilt, dass die Lichtbildaufnahmen im Rahmen des Verkaufs der Immobilie Dritten zugänglich gemacht würden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung hätten die Kläger auch damit rechnen müssen, dass der Makler die Lichtbildaufnahmen in einem ins Internet gestellten Exposé verwenden würde. Damit hätten die Kläger sowohl in die Anfertigung als auch in die Veröffentlichung der Fotos wirksam eingewilligt.

Verstoß gegen datenschutzrechtliche Belehrungspflicht

Die Kammer bejahte allerdings einen Verstoß des Beklagten gegen Art. 7 Abs. 3 Satz 3 DSGVO. Hiernach wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, die Kläger auf die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit ihrer Einwilligung in die Datenverarbeitung hinzuweisen. Aus diesem Verstoß leitet sich nach Auffassung des Gerichts jedoch keine Unwirksamkeit der gegebenen Einwilligung ab. Dies folgt nach der Entscheidung des Gerichts daraus, dass auch eine konkludente Einwilligung datenschutzrechtlich allgemein als gültig angesehen wird. Eine Belehrung über die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit werde bei einer konkludenten Einwilligung aber regelmäßig nicht erteilt.

Auskunftsanspruch abgewiesen

Auch den mit der Klage geltend gemachten Auskunftsanspruch wies das Gericht zurück. Die Kläger hätten in ihrer Klageerwiderung eine Negativauskunft dahin gehend erteilt, dass nach Herausnahme der Lichtbildaufnahmen aus dem Exposé die entsprechenden Daten vom Beklagten sämtlich gelöscht worden und keine Daten der Kläger mehr gespeichert seien. Damit sei der Auskunftsanspruch i. S. v. § 362 BGB erfüllt. Auf die von den Klägern geäußerten Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft komme es nicht an (BGH Urteil v. 15.6.2021, VI ZR 576/18).

Schaden nicht substantiiert dargelegt

Schließlich hatten die Kläger nach Auffassung des Gerichts auch nicht hinreichend dargelegt, dass ihnen ein materieller oder immaterieller Schaden durch die Veröffentlichung der Lichtbildaufnahmen entstanden wäre. Nach der Rechtsprechung des EuGH setze ein Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch nach der DSGVO einen substantiierten und schlüssigen Sachvortrag zum Vorliegen eines solchen Schadens voraus (EuGH, Urteil v. 11.4.2924, C-741/21). Danach hätten die Kläger die Beeinträchtigung ihrer psychischen Befindlichkeit konkret darlegen müssen. Die empfundene Demaskierung und ein diffuses Gefühl des Beobachtetseins reichten zur Darlegung persönlich belastender Folgen der Datenschutzverletzung nicht aus (OLG Hamm, Urteil v. 15.8.2023,7 U 19/23).

Datenschutzfalle beim Hausverkauf

Im Ergebnis hat das LG damit die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Gleichzeitig enthält das Urteil aber einen deutlichen Hinweis auf eine real existierende und deshalb zu beachtende Datenschutzfalle der DSGVO für Eigentümer und Makler beim Hausverkauf.

(LG Frankenthal, Urteil v. 4.6.2024, 3 O 300/23)


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