Leitsatz (amtlich)
Die pauschale Bezugnahme auf Entgegenhaltungen zur Urheberrechtsschutzfähigkeit bzw. Rechtsverletzung in einem Gericht und Gegner bekannten sowie in Fachzeitschriften veröfftentlichten Gerichtsurteil, ist jedenfalls dann prozessual unzulässig, wenn – wegen der Unterschiedlichkeit eines Betrachtungsobjekts – keine unmittelbare, sondern allenfalls eine entsprechende Übertragung der in Bezug genommenen Sach- und Rechtslage auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt in Frage steht.
Normenkette
ZPO a.F. §§ 138, 282, 291
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 407 O 135/01) |
Tenor
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 52.769,82 Euro (entspricht 103.208,80 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die urheber-, marken- und wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Herstellung und des Vertriebs des Kinderhochstuhls „Herlag Moritz” durch die Beklagte.
Die Klägerin ist ein norwegisches Unternehmen der Möbelbranche (Anlage K2). Sie stellt her und vertreibt – in Deutschland über ihre Tochtergesellschaft Stokke GmbH (Anlage K1) – unter anderem einen Kinderhochstuhl unter der Bezeichnung „Tripp-Trapp-Stuhl” (in Abbildung in Anl. K3 und B1, im Original von der Klägerin als Anl. zum Protokoll der Senatssitzung vom 26.6.2002 überreicht). Die Klägerin leitet ihre diesbezüglichen Rechte aus einem am 6.10.1972 mit dem norwegischen Designer P.O. geschlossenen Lizenzvertrag her, der den Tripp-Trapp-Stuhl zwischen 1969 und 1972 entworfen hatte (Anlage K4).
Der Tripp-Trapp-Stuhl besteht aus zwei parallelen, aus Holz gefertigten, im 66 °-Winkel schräg nach oben verlaufenden geraden Holmen, die am Boden mit zwei nach hinten laufenden, etwa halb so langen, ebenfalls aus Holz bestehenden Kufen verbunden sind. In den Holmen sind Nuten eingefräst, in die zwei Holzplatten eingeschoben werden können, wobei die obere als Sitzfläche und die untere als Fußstütze dient. Im oberen Bereich der Holme befinden sich zwei quer verlaufende, gebogene Leisten, die als Rückenlehne dienen. Auf der Höhe der Rückenlehne kann eine nach vorn gebogene Leiste als Sturzschutz angebracht werden. Die Holme sind darüber hinaus durch zwei Metallstangen miteinander verbunden. Zwischen den Kufen befindet sich in der Mitte eine weitere Querverbindung in Form einer Holzleiste. In der Seitenansicht weist der Tripp-Trapp-Stuhl eine schräge L-Form auf.
Der Tripp-Trapp-Stuhl hat den „Klassikerpreis” des norwegischen Designrates 1995 erhalten (Anlage K6) und ist in die Endausscheidung für den Europäischen Design-Preis 1996 gelangt (Anlage K7). Zudem ist er in dem Buch „Schöner Wohnen – Moderne Klassiker – Möbel, die Geschichte machen” aufgeführt (Anlage K8). Er wird zwischenzeitlich in diversen Museen für moderne Kunst präsentiert.
Die Beklagte vertreibt ihrerseits einen Kinderhochstuhl unter der Bezeichnung Herlag Moritz (Anlage K9), der dem Tripp-Trapp-Stuhl in seinem Äußeren ähnelt. Wegen des optischen Erscheinungsbilds dieses Stuhls wird auf die diesem Urteil beigefügte Anl. Bezug genommen. Auf dem Markt befinden darüber hinaus sich eine Vielzahl weiterer Kinder-Hochstühle verschiedener Hersteller in unterschiedlichen Formen (Anlagenkonvolut K5).
Im Anschluss an eine vorgerichtliche Abmahnung der Klägerin vom 12.2.2001 (Anlage K10) hatte die Beklagte mit Schreiben vom 19.3.2001 eine – modifizierte – strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben (Anlage K11), die die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 21.3.2001 akzeptiert hatte. Über die Verpflichtung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Leistung von Schadensersatz haben die Parteien vorgerichtlich keine Einigung erzielen können. Ihre Unterlassungsverpflichtungserklärung hatte die Beklagte in der Kammersitzung vor dem LG klarstellend modifiziert.
Die Klägerin hat vorgetragen, bei dem Tripp-Trapp-Stuhl handele es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk, das in Deutschland weithin bekannt sei. Dieses habe die Beklagte durch den Herlag Moritz in unzulässiger Weise kopiert. Der deutsche Markt werde seit Jahren zunehmend – u.a. durch die Beklagte – durch solche oder ähnliche Imitate des Tripp-Trapp-Stuhls verstopft. Es komme fortlaufend zu rufschädigenden Verwechslungen.
Der Tripp-Trapp-Stuhl sei Anfang der 70er Jahre von P. O. für sie entworfen und entwickelt worden. Der Stuhl sei als persönlich-geistige Schöpfung ein Werk der angewandten Kunst. Er sei in hohem Maße eigentümlich und unterscheide sich nachhaltig von sonst üblichen Formen, wie ein Vergleich mit anderen auf dem Markt befindlichen Kinderstühlen zeige (Anlage K5). Durch die offene Dreiecks-Form, in welche die Sitz- und Fußplatten sowie die Lehne eingepasst seien, weise er eine individuelle Gestalt auf. Hierdurch hebe er sich nachhaltig von anderen Kinderstühlen ab. Im Vordergrund stehe die eigentümliche optische Gestaltung und die dadurch erzeugte ästhetische Wirkung, die nicht durch technische Gegebenheiten bedingt sei. Die Form des Tripp-Trapp-Stuhls sei Anfang der 70er einzigartig gewesen. Insbesondere sei di...