Leitsatz (amtlich)
Ein Zivilgericht kann ein Verhalten nicht als unlauteren Rechtsverstoß nach § 1 UWG verbieten, wenn die Bewertung des Verhaltens als rechtswidrig einer Behörde vorbehalten ist und diese eine solche Bewertung nicht vorgenommen hat.
Normenkette
UWG § 1; TierSchG §§ 7-8, 8a
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 565/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 16.1.2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der in der Berufungsverhandlung gestellte Klageantrag einschl. Hilfsantrag zurückgewiesen wird.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung von 12.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für die Rechtsmittelinstanz auf 357.904 Euro (700.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Beide Parteien sind pharmazeutische Unternehmen, die Produkte entwickelt haben, um Pankreatitis (Entzündung der Bauchspeicheldrüse) diagnostizieren zu können. Abnehmer sind vor allem Labore, die damit Stuhlproben untersuchen. Weder das Mittel „S. … Pankreatik Elastase 1-Test” der Klägerin noch das Mittel der Beklagten „B. … Elastase 1 Elisa-Test” erbringen 100 %-ig sichere Ergebnisse. Es gibt sowohl falsch positive Ergebnisse (eine nicht bestehende Pankreatitis wird angezeigt) als auch falsch negative (eine bestehende Pankreatitis wird nicht angezeigt).
Die Klägerin vertreibt ihr Mittel seit 1993. Sie verwendet monoklonale Antikörper, die aus Zellkulturen gewonnen werden. Zu diesem Zweck injiziert man beispielsweise einer Maus mehrfach ein bestimmtes Eiweiß, gegen das das Tier Antikörper bildet. Das Tier wird getötet und aus seiner Milz mit Hilfe einer speziellen Technologie eine permanente Zell-Linie entwickelt, die für unbegrenzte Zeit zur Verfügung steht, um die Zellen zu vermehren und Antikörper zu gewinnen. Weitere Versuchstiere werden nicht benötigt. Nach dem erstinstanzlichen Vorbringen stellte sich die Sachlage so dar, dass die Beklagte polyklonale Antikörper verwendet. Auch diese entstehen, nachdem ein Tier mehrfach mit einem Antigen geimpft worden ist, um eine ausreichende Menge zu erzeugen. Ist die erwünschte Konzentration erreicht, werden die Antikörper aus dem Blut gewonnen. Es sind also immer neue Tiere erforderlich. Die Antikörper wurden von der Firma G. in G. hergestellt und an die Beklagte geliefert. Das Ministerium für Landwirtschaft und Naturschutz hat am 27.5.1998 bestätigt, dass die Anzeige eines Tierversuchsvorhabens (Tierimmunisierungen) gem. §§ 8 Abs. 7 und 8a Tierschutzgesetz (TierSchG) am 13.5.1998 bei ihm eingegangen ist (Anlage B 1). Am 22.7.1998 erteilte der Landkreis Güstrow gem. § 11 TierSchG die Erlaubnis, etwa 600 Kaninchen im Jahr für Tierversuchsvorhaben (Tierimmunisierungen) zu züchten und zu halten (Anlage B 2).
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte verhalte sich unlauter, weil die Herstellung polyklonaler Antikörper entgegen § 7 Abs. 2 Ziff. 1 TierSchG nicht „unerlässlich” sei. Die Tiere würden dabei letztlich getötet, während mit ihrem eigenen Testsystem eine allgemein zugängliche Methode zur Verfügung stehe, die kein Tierleben mehr koste und außerdem zu besseren Ergebnissen führe.
Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, ein Testsystem zum Nachweis pankretischer Elastase 1 herzustellen und in Verkehr zu bringen, welches polyklonale Antikörper verwendet, die unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, insb. gegen die §§ 10a, 7 Abs. 2 und 3 Tierschutzgesetz hergestellt wurden bzw. werden.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat entgegnet, ihr Testmittel stelle eine Weiterentwicklung dar, die bessere Diagnosen ermögliche. Den Tieren werde ohne Leiden jeweils nur wenig Blut entnommen.
Das LG, auf dessen Entscheidung zur Vervollständigung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.
Sie setzt sich mit dem angefochtenen Urteil auseinander, vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, nach der Offenlegungsschrift der Beklagten (Anlage BK 2) sei es dieser durchaus möglich, durch Mischen in vitro gewonnener monoklonaler Antikörper polyklonale Antikörper herzustellen, ohne das Blut lebender Tiere verwenden zu müssen, deren Qual durch Anwendung Freundscher Adjuvans verstärkt werde. Bei der Antikörpergewinnung werde den Tieren nicht nur Blut aus der Ohrvene entnommen, sondern manche Tiere würden durch Herzpunktion zur Maximierung der „Bluternte” 10 bis 15 Minuten lang durch Ausbluten getötet.
Auch die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und betont, die Firma G. verhalte sich gesetzmäßig. Das TierSchG sei nicht anwendbar, weil die Tiere genausowenig wie ein Mensch litten, dem ma...