Leitsatz (amtlich)

Es ist unverhältnismäßig, eine Wohnung allein wegen Marihuanageruchs zu durchsuchen.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 09.10.2006; Aktenzeichen 1 Ss 5/07)

AG Hamburg-Altona (Entscheidung vom 27.03.2006; Aktenzeichen 701 Ns 80/06)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 1, vom 09.10.2006 wird mit der Maßgabe verworfen, dass das Geburtsdatum des Angeklagten in den Rubren der Urteile des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 27.03.06 (325 - 11/06) und des Landgerichts Hamburg vom 09.10.06 (701 Ns 80/06) ... (statt ...) lautet.

Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Hamburg - Altona verurteilte den Angeklagten durch Urteil vom 27.03.06 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 8,- EUR. Das Landgericht verwarf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft mit der Maßgabe, dass die sichergestellten Betäubungsmittel eingezogen werden.

Nach den Feststellungen des Landgerichts beabsichtigten Polizeibeamte am 29.09.05 einen Haftbefehl in der Wohnung ... zu vollstrecken. Zu den Bewohnern dieser Wohnung gehörte u.a. der Angeklagte. Als die Polizeibeamten in der Wohnung im Einverständnis mit dem Hauptmieter Nachschau hielten, nahmen sie einen Marihuanageruch wahr, der aus dem Zimmer kam, in dem sich der Angeklagte mit einer weiteren Person zu diesem Zeitpunkt aufhielt. Eine erste Frage nach Marihuanabesitz verneinte der Angeklagte. Nunmehr forderten die Polizeibeamten die Anwesenden "sinngemäß dazu auf, noch einmal genau nachzudenken und in ihrem Besitz befindliche Betäubungsmittel herauszugeben, es könne sonst auch eine Durchsuchung dort erfolgen und ein Drogenspürhund hinzugezogen werden." (S. 7 des Urteils).

Daraufhin zog der Angeklagte ein Tütchen mit ca. 2 g Marihuana (Tütchen 1) aus der Hosentasche und übergab es den Polizeibeamten. Diese durchsuchten den Angeklagten anschließend körperlich. Hierbei fanden sie weitere zwei Tütchen mit Marihuana zu je 2 g (Tütchen 2 und 3).

Eine Rückfrage bei der Zentraldirektion ergab nun, dass diese Wohnung bereits im Jahre 2004 als Dealerwohnung in Verdacht war. Die Polizeibeamten forderten Verstärkung für eine beabsichtigte Durchsuchung der gesamten Wohnung an. Die anschließende Wohnungsdurchsuchung führte nicht zum Auffinden von Gegenständen, die dem Angeklagten zugeordnet wurden.

Zu seinem Wohnsitz befragt, machte der Angeklagte unterschiedliche Angaben. Schließlich wurde die Verbringung des Angeklagten zum Polizeikommissariat angeordnet, um eine erkennungsdienstliche Behandlung durchzuführen. Da sich der Angeklagte zum Verlassen der Wohnung eine Jacke angezogen hatte, wurde diese routinemäßig nach gefährlichen Gegenständen durchsucht. Dabei wurden weitere zwei Tütchen Marihuana zu je 2 g (Tütchen 4 und 5) gefunden und sichergestellt.

Der Wirkstoffgehalt des Marihuanas wurde nicht bestimmt. Das Landgericht ging zugunsten des Angeklagten von einer einem geringen Wirkstoffgehalt aus.

Legte das Amtsgericht seinem Urteil noch alle 5 Tütchen Marihuana zugrunde, gelangte das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die Erkenntnisse der Polizeiaktion lediglich bezüglich 3 Tütchen Marihuana verwertbar seien. Hinsichtlich der Erkenntnisse zum Tütchen 1 bestünden keine Bedenken gegen die Verwertbarkeit, da der Angeklagte dieses Tütchen freiwillig herausgegeben habe, so dass es auf die Voraussetzungen einer Durchsuchung nicht ankäme. Die Erkenntnisse bezüglich Tütchen 2 und 3 seien aber unverwertbar, da es an einer richterlichen Durchsuchungsanordnung gefehlt habe. Eine Gefahr im Verzuge habe nicht vorgelegen. Die Erkenntnisse bezüglich Tütchen 4 und 5 seien aber verwertbar, da diesen eine zulässige präventivpolizeiliche Durchsuchung gemäß § 15 Abs. 2 HmbSOG zugrunde gelegen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Unverwertbarkeit der Erkenntnisse bezüglich aller Marihuanafunde geltend macht.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Revision beantragt.

II.

Das Rechtsmittel des Angeklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg. Der Senat kann ausschließen, dass das landgerichtliche Urteil auf einem Fehler zur Verwertbarkeit des Beweismittels beruht.

1.

a)

Der Revisionsführer weist zutreffend darauf hin, dass bereits die Erlangung des ersten Tütchens an den Voraussetzungen einer Durchsuchungsmaßnahme zu messen war. Unter den gegebenen Umständen lag keine freiwillige Herausgabe des ersten Tütchens vor. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob in der Aufforderung zur Herausgabe verbunden mit einer Ankündung von Durchsuchungsmaßnahmen bereits der Beginn einer Durchsuchung liegt. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Durchsuchung nur in Aussicht gestellt werden darf, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Andernfalls kann nicht von einer Wirksamkeit der Einwilligung ausgegangen werden. (LG Stuttgart, NStE § 105 StPO Nr. 2; Meyer-Goßner, StPO, 49 Aufl., § 105 StPO, Rdnr. 1; vgl. BGHSt 34, 39...

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