Leitsatz (amtlich)

1. Wird für eine Arzneimittelkombination mit dem Hinweis auf die "volle Dosis" mit der graphischen Darstellung zum Behandlungsverlauf geworben, die auf der Zeitachse bis zum "Monat 12" reicht, so entnimmt der Verkehr der Kurve mangels einschränkender Angaben, dass die Kombination mit der "vollen Dosis" für die 12 Monate unbedenklich angewendet werden kann; die Werbung ist irreführend, wenn die "volle Dosis" laut Fachinformation schon nach dem ersten Monat reduziert werden soll. Wenn die Graphik aus einer Studie stammt und deswegen nicht verändert werden kann, muss die Einschränkung anderweitig erfolgen.

2. Werden in der Pharmawerbung Wirkungen beschrieben und dabei nur ein Arzneimittel genannt, so handelt es sich um Werbung mit einer nicht zugelassenen Indikation (§ 3a HWG), wenn das beworbene Arzneimittel hierfür nur in Kombination mit weiteren Präparaten arzneimittelrechtlich zugelassen ist. Eine solche Werbung ist zugleich irreführend (§ 3 HWG).

 

Normenkette

HWG §§ 3, 3a; UWG §§ 3, 4 Nr. 11

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 03.11.2005; Aktenzeichen 327 O 435/04)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 27, vom 3.11.2005 wird, soweit die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag zu lit. b) nicht zurückgenommen hat, mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im landgerichtlichen Urteil dort unter lit. b) des zur Klarstellung neu gefassten Verbotstenors die Worte "insb. wenn dies geschieht wie" ersetzt werden durch: "wie dies geschieht" und dass die Kostenentscheidung aufgehoben wird.

Von den Kosten des Erlassverfahrens und des Widerspruchsverfahrens tragen die Antragstellerin 7/20 und die Antragsgegnerin 13/20. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Antragstellerin 1/9 und die Antragsgegnerin 8/9.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Widerspruchsverfahren erster Instanz ebenfalls zunächst auf 400.000 EUR festgesetzt, nach der teilweisen Antragszurücknahme zu lit. c) ermäßigt sich der Streitwert auf 380.000 EUR.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird zunächst auf 180.000 EUR festgesetzt, nach der teilweisen Antragszurücknahme zu lit. b) ermäßigt sich der Streitwert auf 160.000 EUR.

 

Gründe

A. Die Parteien sind Wettbewerber, sie produzieren und vertreiben Arzneimittel, die dazu verwendet werden, dem Körper die Aufnahme von Implantaten fremder Organe zu ermöglichen (sog. Immunsuppressiva), und zwar die Antragsgegnerin die Präparate c-xxxxxxx (Anlage ASt 6-7) und La-yyyy ®Sn. Das Arzneimittel c-xxxxxxx (Wirkstoff: Everolimus) soll in Kombination mit Ciclosporin-Mikroemulsion und Kortikosteroiden eingesetzt werden. Das Präparat La-yyyy ®Sn hat den Wirkstoff Ciclosporin.

Die Antragsgegnerin warb für ihr Arzneimittel c-xxxxxxx mit der Werbebroschüre: "Ein genialer Zug" (Anlage ASt 8) und der Produktmonographie: "c-xxxxxxx ®" (Anlage ASt 9).

Die Antragstellerin beanstandet diese Werbung als unlauter und nimmt die Antragsgegnerin deswegen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Im vorliegenden Berufungsverfahren geht es nur noch um die Verfügungsanträge gem. lit. b) und lit. c) der Beschlussverfügung, und zwar jeweils nur noch bezogen auf die Verbotsanlagen ASt 1-2.

Die Werbebroschüre der Antragsgegnerin (Anlage ASt 8: "Ein genialer Zug: CNI-Dosisreduktion durch c-xxxxxxx ® - bei gleicher Wirksamkeit") betrifft die Verfügungsanträge zu lit. a) bis lit. c) der Beschlussverfügung. Sie umfasst 7 Seiten.

Auf S. 3 der Werbebroschüre (Anlage ASt 1 zur Beschlussverfügung, dort 1. Seite) heißt es in den Überschriften:

"Optimieren Sie Ihre Therapie - bei Patienten mit CNI-Nebenwirkungen c-xxxxxxx ® - mittlere Reduktion der CNI-Talspiegel um 57 %.

Signifikante Reduktion der mittleren Ciclosporin-Talspiegel."

Darunter ist eine Graphik abgebildet, in der die Studien "B 201" und "A 2306" gegenübergestellt wird. Die Graphik zeigt drei Kurven, die hellgrüne ist erläutert mit:

"1,5 mg c-xxxxxxx ® volle Dosis La-yyyy ®Sn (B 201) (n= 194)".

Auf S. 4 der Werbebroschüre (Anlage ASt 1 zur Beschlussverfügung, dort 2. Seite) heißt es in den Überschriften:

"Belegte Wirksamkeit von c-xxxxxxx ®

c-xxxxxxx ® + reduzierte Dosis La-yyyy ®Sn - wirksam wie MMF + volle Dosis CNI

Akute Abstoßung nach 6 Monaten".

Darunter ist eine Graphik abgebildet, in der ebenfalls die Studien "B 201" und "A 2306" gegenübergestellt wird. Die Graphik zeigt drei Balken, der hellgrüne ist wiederum erläutert mit:

"1,5 mg c-xxxxxxx ® volle Dosis La-yyyy ®Sn (B 201) (n= 194)".

Auf den S. 3 und 4 der Werbebroschüre heißt es jeweils in der Legende unter der Graphik:

  • "Studie B 201: Vergleich von zwei fixen Dosen c-xxxxxxx ® vs. MMF mit volldosiertem La-yyyy ®Sn.
  • Studie A 2306: Vergleich zweier Dosen c-xxxxxxx ® mit reduzierter La-yyyy ®Sn-Exposition.
  • Um die Vergleichbarkeit beider Studien zu gewährleisten, wurden gleichartige Patientenkollektive ausgewählt."

Die Bezugsziffer "5" auf S. 3 und die Bezugsziffer "6" auf S. 4 sind jeweils unten erläutert mit dem ...

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