Leitsatz (amtlich)
1. Übt ein Vorstandsmitglied unmittelbar nach der Beendigung seines Vorstandsdienstvertrages bis zu seiner Pensionierung in derselben Gesellschaft weitere Funktionen als Leitender Angestellter aus, kommt es nicht zu einer Unterbrechung seiner Betriebszugehörigkeit, so dass die sog. m/n-tel-Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG insoweit keine Anwendung findet.
2. Zur Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen in einem Vorstands-Versorgungsvertrag.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. Dezember 2018, Az. 413 HKO 81/18, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, über die anerkannten 846,35 Euro monatlich hinaus seit dem 1. April 2018 weitere 1.099,45 Euro als betriebliches Ruhegeld an den Kläger zu zahlen hat.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 29 % und die Beklagte 71 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
II. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
III. Der Wert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 56.004,12 Euro.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers aus einer Ruhegeldzusage.
Der am 13. Januar 1954 geborene Kläger war von September 1987 bis zum 30. Juni 2003 Vorstandsmitglied bei der Beklagten, die ein Versicherungsunternehmen betreibt. Zuletzt beruhte diese Tätigkeit auf einer als "Anstellungsvertrag" bezeichneten Vereinbarung der Parteien vom 22. Juni 1993 (Anlage K 1). In diesem Vertrag heißt es u.a.:
"§ 2 Bezüge
1. Herr R. erhält für seine Tätigkeit ab 01. Juli 1993 folgende Bezüge:
ein Jahresgehalt von netto DM 54.000, -
zahlbar in monatlichen jeweils am 20. des Kalendermonats fälligen gleichen Raten.
(...)
3. Die S-AG stellt Herrn R. einen seiner Stellung angemessenen Personenkraftwagen zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung.
4. Die S-AG stellt Herrn R. eine voll ausgestattete Wohnung (mit Waschmaschine, Kühlschrank, Staubsauger und Telefonanschluß) zur Verfügung.
§ 5 Ruhegeld
1. Herr R. hat im Pensionsfall Anspruch auf ein Ruhegeld. Eine genaue Fassung der Übernahme von Versorgungsansprüchen durch die S-AG ist als Anlage diesem Vertrag beigefügt und ist Bestandteil dieses Vertrages.
2. Im Falle einer freiwilligen Inanspruchnahme der sozialen Rentenversicherung durch Herrn R., übernimmt die S-AG 50 % der Beiträge."
Diesem Vertrag war als Anlage ein Versorgungsvertrag (Anlage K 2) beigefügt, in dem es u.a. heißt:
"§ 1 Ruhegeld
1. Herr R. hat im Pensionsfall Anspruch auf lebenslanges Ruhegeld.
Der Pensionsfall tritt nicht ein, wenn
a) der Anstellungsvertrag wegen dauernder Berufsunfähigkeit endet,
b) der Anstellungsvertrag nach Vollendung des 60. Lebensjahres von Herrn R. endet.
2. Endet der Anstellungsvertrag zwischen der S-AG und Herrn R. vor Eintritt des Pensionsfalles gemäß § 1 Pkt. 1, so behält Herr R. seine Anwartschaft auf Versorgungs-leistungen nach diesem Vertrag sofern die gesamte Diensttätigkeit bei der S-AG mindestens 10 Jahre betrug. Die Versorgungsleistungen werden dann bei Eintritt des Versorgungsfalles nach § 1 Pkt. 1 dieses Vertrages erbracht.
4. Das Ruhegeld beträgt nach 5 ruhegeldfähigen Dienstjahren 35 v.H. des vor dem Ausscheiden zuletzt bezogenen steuerpflichtigen Bruttogehaltes. Umsatz- und Gewinnbeteiligungen sowie andere in der Höhe wechselnde oder einmalige Vergütungen bleiben bei der Berechnung des Ruhegeldes außer Ansatz.
Ruhegeldfähige Dienstjahre im Sinne dieser Bestimmung sind volle Jahre der Tätigkeit in der Gesellschaft. Das Jahr, in welchem die Versorgungsleistungen einsetzen, wird als volles Jahr gewertet, wenn Herr R. mindestens sechs Monate in ihm tätig war.
Im Dezember 2003 erhielt der Kläger von der Beklagten Bruttobezüge in Höhe von insgesamt 6.862,00 Euro, wovon 250,53 Euro auf den Sachbezug Pkw und 1.052,95 Euro auf den Sachbezug Wohnung entfielen (Anlage K 3). Die Höhe dieser Sachbezüge hatte sich im Laufe des Jahres 2003 geändert (Anlagenkonvolut B 1).
Nach Beendigung des Anstellungsvertrages zum 31. Dezember 2003 nahm der Kläger auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages mit der Beklagten vom 19. Dezember 2003 (Anlage K 4) am 1. Januar 2004 eine Tätigkeit für die Beklagte in der Funktion als Abteilungsleiter auf und setzte diese bis zu seinem Ausscheiden zum 31. März 2018 fort, wenn auch infolge einer Nachtragsvereinbarung vom 10./11. Januar 2007 (Anlage K 5) in inhaltlich veränderter Funktion.
Die Beklagte zahlt dem Kläger ein Ruhegeld in Höhe von 846,35 Euro. Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass ihm monatlich weitere 1.5567,00 Euro zustehen.
Für den weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstand wird auf die ...