Entscheidungsstichwort (Thema)

Betäubungsmittelstrafrecht: Abgrenzung zwischen Erwerb und Besitz einerseits und straflosem Konsum andererseits

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird der Angeklagte angetroffen, als er im Begriff steht, sich eine mit “Crack„ gefüllte Pfeife anzuzünden, ist er jedenfalls dann wegen unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes zu bestrafen, wenn die Feststellungen ergeben, dass sich in seiner unmittelbarer Nähe keine weiteren Personen befanden.

 

Verfahrensgang

AG Hamburg-St. Georg (Urteil vom 22.05.2007; Aktenzeichen 942 Ds 67/07 6104 Js 49/07)

 

Tenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg, Abteilung 942, vom 22. Mai 2007 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit der zum Amtsgericht Hamburg-St. Georg erhobenen Anklage vom 13. Februar 2007 ist dem Angeklagten unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG vorgeworfen worden, indem er am 5. Januar 2007 um 18.20 Uhr im Bereich des “Drob Inn", Besenbinderhof 71 in Hamburg, ohne die erforderliche Erlaubnis einen Crack-Stein mit einem Nettogewicht unter 0,1 g bei sich geführt habe.

Nach am 18. April 2007 erfolgter Eröffnung des Hauptverfahrens und unveränderter Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung vor dem Strafrichter hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Angeklagten mit Urteil vom 22. Mai 2007 aus Rechtsgründen freigesprochen.

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft am 23. Mai 2007 Rechtsmittel eingelegt, welches sie nach am 7. Juni 2007 erfolgter Zustellung des schriftlichen Urteils mit am 12. und 13. Juni 2007 bei dem Amtsgericht eingegangenen Zuschriften als Revision konkretisiert sowie mit der (ausgeführten) Sachrüge und den Anträgen auf Urteilsaufhebung mit Ausnahme der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen, Schuldigsprechung des Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und Zurückverweisung der Sache begründet hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel beigetreten und hat in der Revisionshauptverhandlung beantragt, das amtsgerichtliche Urteil - unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum objektiven und subjektiven Sachverhalt - aufzuheben, den Angeklagten wegen unerlaubten Erwerbes von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG schuldig zu sprechen sowie die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO zur Entscheidung über den Rechtsfolgenausspruch und die Kosten des Rechtsmittels an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg zurückzuverweisen. Die Verteidigerin hat auf Verwerfung der Revision angetragen.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig (§§ 335 Abs. 1, 341, 344, 345 StPO) und erweist sich mit der Sachrüge als begründet. Die - zudem widersprüchlichen und auf rechtsfehlerhafter Beweiswürdigung beruhenden - Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils tragen die erfolgte Freisprechung nicht.

1. Das Amtsgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

“Der Angeklagte konsumiert gelegentlich illegale Drogen, u.a. so genanntes Crack, ein Kokaingemenge. Am 05. Januar 2007 stand der Angeklagte um 18.20 Uhr im Bereich des 'Drob Inn', Besenbinderhof 71 in Hamburg, im Begriff, einen Crack-Stein im Gesamtgewicht von unter 0,1 g und einem Wirkstoffgehalt von mindestens 30 %, welcher sich auf einer zum Crack-Konsum vorgesehenen Pfeife befand, zu entzünden und augenblicklich zu konsumieren. In diesem Moment griff ein Polizeibeamter, der die Szenerie beobachtet hatte, zu, nahm dem Angeklagten die Crack-Pfeife samt Crack-Stein weg, sodass der Angeklagte, der über keine schriftliche Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte verfügte, den Konsum nicht mehr ausführen konnte. Den auf der Crack-Pfeife befindlichen Crack-Stein hatte der Angeklagte unmittelbar vor dem versuchten Konsum gekauft. In unmittelbarer Nähe des Angeklagten befanden sich keine weiteren Personen. Die weitere Durchsuchung des Angeklagten ergab, dass er keine weiteren Betäubungsmittel besaß."

Nach der dem Freispruch zu Grunde gelegten rechtlichen Würdigung des Amtsgerichts sind die Straftatbestände des unerlaubten Erwerbes und Besitzes von Betäubungsmitteln nicht erfüllt. Da der Angeklagte nach unmittelbar zuvor erfolgtem Ankauf des Betäubungsmittels im Begriff gewesen sei, sich die Crack-Pfeife anzuzünden, habe die Gefahr einer Weitergabe des Cracks und damit einer Fremdgefährdung nicht bestanden. Es liege lediglich eine unmittelbare Vorbereitungshandlung zum straflosen Konsum vor.

2. Die umfänglichen Rechtsausführungen des Amtsgerichts zur Straflosigkeit des Verhaltens des Angeklagten gehen schon deshalb ins Leere, weil die tatrichterlichen Feststellungen sachlich-rechtlich fehlerhaft sind und ihnen eine gleichfalls rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung zu Grunde liegt.

a) Die Feststellungen sind widersprüchlich.

aa) Das Amtsgericht hat einerseits festg...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge