Entscheidungsstichwort (Thema)
Preisvergleich mit Telefontarifen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein TV-Spot mit vergleichender Preiswerbung eines Telefondienstanbieters ist im Einzelfall irreführend, wenn sich der Tarifvergleich vermeintlich einschränkungslos auf "deutschlandweite Ferngespräche" bezieht, tatsächlich aber ein Teil der Ferngespräche (mit Ortsvorwahl "0") und bestimmte Zeiten ausgenommen sind, ohne dass das im Spot deutlich wird.
2. Bei dem Hinweis auf "vergleichbare Minutenpreise" ohne bzw. mit "zusätzlicher monatlicher Grundgebühr" in der vergleichenden Preiswerbung erwartet man in etwa gleiche Minutenpreise, und zwar ohne Anrechnung der Grundgebühr.
Normenkette
UWG § 3 a.F.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 11.07.2003; Aktenzeichen 416 O 28/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, v. 11.7.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Urteilsausspruch des LG (dort 1. Absatz) heißt:
Das Versäumnisurteil des LG Hamburg v. 6.5.2003 - 416 O 28/03 - wird unter Zurückweisung des dagegen gerichteten Einspruchs mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass im Urteilsausspruch des Versäumnisurteils in Ziff. 1. b) und in Ziff. 2.) jeweils nach dem Wort: "Geschäftstätigkeiten" folgendes eingefügt wird: "seit dem 2.12.2002".
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 235.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin, das größte deutsche Telekommunikations-Unternehmen, betreibt ein bundesweites Telefonnetz und stellt den Verbrauchern auch die Telefonanschlüsse zur Verfügung. Die Beklagte vermittelt ebenfalls Telefongespräche im Festnetz und steht mit der Klägerin im Wettbewerb.
Die Beklagte warb für ihre Telefondienstleistung mit dem TV-Werbespot "K-8" von 30 Sekunden Dauer (vgl. die Aufzeichnung auf der CD-ROM 133/03, d.i. die von der Klägerin als Anlage zum Protokoll der Berufungsverhandlung v. 13.5.2004 überreichte CD-ROM: Bl. 161; vgl. dazu vorliegend noch das Story-Board der TV-Spot-Sendung v. 2.12.2002: Anlagen K 8, 5).
Die Klägerin beanstandet die Werbung mit dem TV-Spot als wettbewerbswidrig und nimmt die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und deren Zinspflichtigkeit bezüglich der verauslagten Gerichtskosten in Anspruch.
In dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums (LG Hamburg - 416 O 215/03) erwirkte die Klägerin gegen die Beklagte am 23.12.2002 eine Beschlussverfügung, der Verbotsausspruch stimmt mit dem vorliegend in erster Instanz gestellten Klageantrag zu 1) a) überein. Auf die Beiakte LG Hamburg 416 O 215/03 wird Bezug genommen.
Seit der Liberalisierung des Marktes für Telefondienstleistungen im Festnetz ab 1998 bieten diese Leistungen eine Vielzahl von Unternehmen an. Die Telefonkunden haben, um statt der Verbindung über die Klägerin die Dienstleistungen der neuen Anbieter zu wählen, grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen können sich die Kunden bei einer sog. dauerhaften Voreinstellung ("Pre-Selection") dafür entscheiden, dass automatisch alle mit einer Ortskennzahl (mit der Ziff. "0") beginnenden Gespräche durch einen bestimmten Wettbewerber vermittelt werden. Zum anderen können die Fernsprechteilnehmer den Wettbewerber der Klägerin, der ein einzelnes Gespräch vermitteln soll, durch die jeweilige Angabe der speziellen, dem Mitbewerber zugeteilten Verbindungsnetzbetreiber-Kennzahl auswählen ("Call-by-Call").
In ihren Tarifen differenzieren die Anbieter von Telefondienstleistungen zwischen unterschiedlichen räumlichen Tarifbereichen zu verschiedenen Wochentagen und Zeiten.
Die Beklagte bietet die Vermittlung von Telefongesprächen im Festnetz sowohl über "Pre-Selection" als auch "Call-by-Call" an.
Der beanstandete TV-Spot "K-8" (vgl. diesen auf der CD-ROM 133/03: Protokollanlage Bl. 161; vgl. ergänzend noch das Story-Board gem. Anlagen K 8, 5; vgl. außerdem Anlage K 9) zeigt folgendes:
Man sieht eine Sprecherin vor einem von oben herabhängenden Mikrophon, der Bildausschnitt wechselt zwischen der Totale und unterschiedlichen Nahaufnahmen. Die Frau spricht:
"Ich habe Preise für Gespräche außerhalb des Orts- und Nahbereichs verglichen. Stellen Sie sich vor: Die Deutsche Telekom hat mir Aktiv Plus angeboten. Da bekomm ich günstigere Minutenpreise, aber ich muss jeden Monat eine zusätzliche Grundgebühr zahlen, sogar wenn ich gar nicht telefoniere. Dann habe ich gehört, dass ich mit TELE 2 zu vergleichbaren Preisen telefonieren kann, nichts mit extra Grundgebühr. Also ich telefonier jetzt nur noch mit TELE 2."
Die Stimme der Frau spricht weiter: "Mit TELE 2 ab 1,95 Cent die Minute ins deutsche Festnetz telefonieren, ohne zusätzliche Grundgebühr. Einfach 0 10 13 vorwählen, und billig telefonieren".
Bei den Worte...