Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 09.06.2006; Aktenzeichen 324 O 104/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Juni 2006, Geschäftsnummer 324 O 104/05, wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich des Verbotsausspruches gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000.- und hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen ein Urteil des Landgerichts, mit dem sie zur Unterlassung der Verbreitung einer Wortberichterstattung verurteilt worden ist.
Die Beklagte, ein in Österreich niedergelassenes Online-Unternehmen, verbreitete am 3.11.2004 auf ihrer Internet-Seite http//d...............at unter der Überschrift "TV-Kommissar ,Balko' mit Kokain am Oktoberfest verhaftet Schauspieler wurde festgenommen, als er die Toilette verließ" einen Artikel, in dem sie wahrheitsgemäß über die vorläufige Festnahme des Klägers in dem Zelt "K....... W....... S........." auf dem Oktoberfest am 23.9.2004 wegen Kokainkonsums und wegen Besitzes von 0,23 g Kokain sowie über eine frühere Verurteilung des Klägers zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe wegen Drogenbesitzes berichtete.
Dieser Beitrag enthielt die aus dem Tenor des landgerichtlichen Urteils ersichtlichen Äußerungen, deren Verbreitung das Landgericht verboten hat.
Der Kläger ist Schauspieler und hat in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen mitgewirkt. In der vom Sender R... im Abendprogramm ausgestrahlten Fernsehserie "Balko" hat er über einen längeren Zeitraum den Titelhelden, einen Kriminalkommissar, dargestellt.
Wegen des Deliktes, das Gegenstand der hier beanstandeten Berichterstattung war, wurde der Kläger zwischenzeitlich zu einer Geldstrafe in Höhe von 18.000 EUR verurteilt.
Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob nach dem Herkunftslandsprinzip hier österreichisches Recht anzuwenden sei und ob nach dem anwendbaren Recht von einem rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers auszugehen sei.
Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Mit der Berufung rügt die Beklagte insbesondere die Anwendung deutschen Rechts durch das Landgericht sowie das Ergebnis der Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts vom 9.6.2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu den Ausführungen der Parteien im Berufungsverfahren im Einzelnen wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
1.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist gem. Art. 40 Abs.1 Satz 2 EGBGB deutsches Recht anwendbar, da die beanstandete Internetseite auch in Deutschland bestimmungsgemäß abrufbar war und der Kläger die Anwendung deutschen Rechts als Recht des Erfolgsortes begehrt hat. Dem steht insbesondere nicht § 5 Abs.2 MDStV oder § 3 Abs.2 TMG entgegen.
Die Heranziehung der Vorschriften des Mediendienstestaatsvertrages kommt schon deshalb nicht in Betracht, da das am 1.3.2007 in Kraft getretene Telemediengesetz (TMG) an die Stelle des Teledienstgesetzes und des Mediendienstestaatsvertrages getreten ist, so dass für die Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs allein das nunmehr geltende Telemediengesetz zur Anwendung kommt (vgl. BGH WRP 2007, 795 m.w.N.).
Das Telemediengesetz, welches u.a. die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern regelt, enthält keine eigene Haftungsnormen, sondern setzt solche nach allgemeinen Vorschriften voraus, die durch das Gesetz modifiziert werden (sogen. "Filter-Funktion").
Als eine derartige Modifikation ist insbesondere auch § 3 Abs.2 TMG anzusehen, wonach der freie Dienstleistungsverkehr von Telemedien, die in der BRD von im (europäischen) Ausland niedergelassenen Diensteanbietern geschäftsmäßig angeboten werden, nicht eingeschränkt wird. Bei dieser Norm handelt es sich nicht um eine Kollisionsnorm zur Bestimmung des maßgeblichen Rechtes, sondern um eine Sachnorm, wie bereits die Regelung des § 1 Abs.5 TMG zeigt. Diese deutsche Sachnorm ist gem. Art. 40 Abs.1 Satz 2 EGBGB heranzuziehen. Sie modifiziert - im Umsetzung der europäischen Richtlinie 2000/31/EG - das deutsche allgemeine Deliktsrecht in der Weise, dass sie bestimmt, dass im internationalen Dienstleistungsverkehr der Telemedien eine Haftung nach deutschem allgemeinen Deliktsrecht ausgeschlossen ist, wenn nach dem nationalen Recht des Herkunftslandes keine Haftung bestände (so auch Spindler, NJW 2002, 921,926; Sack, WRP 2002, 271, 277; a.M. Mankowski, IPRax 2002, 258, der das Herkunftslandsprinzip der e-commerce-Richtlinie als Ko...