Leitsatz (amtlich)

1. Die Prozessführungsbefugnis eines regional tätigen Fachverbandes nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegt vor, wenn der Regionalmarkt, auf dem seine Mitglieder tätig sind, Teilmarkt des Marktes ist, auf dem das angegriffene werbende Unternehmen bundesweit tätig ist, und wenn der Wettbewerbsverstoß auch auf dem Gebiet des Teilmarktes begangen wird bzw. sich auf diesen auswirkt.

2. Die Internet-Auktion von gebrauchten Kraftfahrzeugen in Form einer umgekehrten Versteigerung verstößt gegen § 1 UWG, weil sie die Spiellust der Verbraucher in sachfremder und damit unlauterer Weise ausnutzt.

 

Normenkette

UWG §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 611/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.11.2003; Aktenzeichen I ZR 141/02)

 

Tenor

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 40.903,35 Euro (= 80.000 DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger ist die berufsständische Vereinigung der … Auktionatoren (Anl. K 10). Die Beklagte betreibt die Vermietung von Kraftfahrzeugen. Darüber hinaus ist sie auch als Gebrauchtwagenhändlerin tätig, indem sie ihre Mietfahrzeuge zum Verkauf stellt.

Im Sommer 1999 bemerkte der Kläger, dass die Beklagte ihre Gebrauchtfahrzeuge u.a. über die Internet-Adresse „www.s….de” im Wege einer sogenannten Internet-Auktion anbot. Dabei wurden jeweils vier Fahrzeuge pro Woche angeboten. Auf der Homepage der Beklagten wurde den Interessierten der Ablauf der sogenannten Internet-Auktion erklärt (vgl. Anl. K 2, K 3 und B 1). Unter der Überschrift „Und so funktioniert's” hieß es auf dieser Seite:

„Bei S. steigen die Preise nicht – sie fallen. Und zwar alle 20 Sekunden um 250 DM. Das heißt für Sie: Preissenkungen verfolgen und im richtigen Moment zuschlagen.”

Weiter hieß es dort:

„1. Registrieren

Zur Teilnahme an der Auktion einfach auf „Registrieren” klicken, die erforderlichen Daten eintragen und den persönlichen Schlüssel gut merken.

2. Teilnahme

Am Tag der Versteigerung, ab 18:45 Uhr, den virtuellen Auktionsraum betreten. Versteigerungsbeginn ist 19:00 Uhr. Es können bis zu 1.500 Personen an der Auktion teilnehmen. Ist der Raum voll, ist leider kein Eintritt mehr möglich.

5. Mitfiebern

Bei Auktionsbeginn wird der Preis automatisch auf den Startpreis gesetzt. Nun gilt: Abwarten, Preissenkungen verfolgen und im richtigen Moment zuschlagen!

6. Zuschlagen

Wenn Sie auf „Ich kaufe!” klicken, gehört der Wagen Ihnen. Es sei denn, ein Mitsteigerer war schneller als Sie …. Ausschlaggebend ist der Eingang des Klicks auf unserem Server.

Der endgültige Auktionspreis ist der serverseitig vorliegende Preis zum Zeitpunkt des Klickeingangs. Lesen Sie dazu auch unbedingt unsere Auktionsrichtlinien.

7. Wagen abholen

Abholung im Autoland M. oder in der S.-Station Ihrer Wahl in Deutschland (Überführungsgebühr 300 DM). Hier bieten wir Ihnen einen extra Service: Die kostenlose Anmietung eines Fahrzeugs der Golf-Klasse zur Besichtigung und Abholung des Fahrzeugs. Erst nach der Wagenbesichtigung wird der Kaufvertrag abgeschlossen. Sollten Sie sich entschließen, den Wagen doch nicht zu erwerben, bezahlen Sie lediglich 66 DM (pro Tag) für den Mietwagen.

8. Kostenlose Gebrauchtwagengarantie

Sie erhalten von uns eine kostenlose Gebrauchtwagengarantie für Ihr Auktionsfahrzeug. Sollten bei Ihrem Gebrauchtwagen in den ersten 12 Monaten nach dem Kauf Schäden am Motor, Getriebe oder Achs- bzw. Verteilergetriebe anfallen, übernimmt die Garantieversicherung je nach Kilometerstand des Fahrzeugs die Reparaturkosten. Detaillierte Informationen dazu erhalten Sie bei Fahrzeugkauf.” (Anl. K 2 und K 3).

Die Auktionen wurden seit dem 20.4.1999 jeweils dienstags, ab 18.45 Uhr durchgeführt. Nähere Angaben zu den angebotenen Fahrzeugen wurden jeweils ab dem Mittwoch der Vorwoche über die Homepage der Beklagten bereit gestellt (Anl. B 2). Die Auktionen begannen stets damit, dass um 19.00 Uhr die „Startpreise” der vier zur Versteigerung anstehenden Gebrauchtfahrzeuge angezeigt wurden. Bei diesem Startpreis handelte es sich jeweils um marktübliche Preise. Die genannten Startpreise fielen dann regelmäßig alle 20 Sekunden um 250 DM, und zwar so lange, bis der erste Auktionsteilnehmer einen markierten „Zuschlagsbutton” angeklickt und – zur Vermeidung von etwaigen Versehen – dieses Anklicken nochmals bestätigt hatte. Als endgültiger Auktionspreis des jeweiligen Fahrzeugs wurde der serverseitig vorliegende Preis zum Zeitpunkt des Klickeingangs bei der Beklagten festgehalten.

Der „Auktionsgewinner” erhielt nachfolgend unter Angabe des exakten Auktionspreises per E-Mail eine Mitteilung über den Zuschlag. Gleichzeitig wurde er gefragt, ob und wann er eine Besichtigung des Fahrzeugs wünsche und wo die Besichtigung stattfinden solle. Das Fahrzeug wurde dann – je nach Wunsch des Kunden – in einer beliebigen S.-Station in Deutschland oder in München bei der Firma S. Autoland … GmbH (nachfolgend: Autoland M.), einer 100%igen Tochtergesellschaft der Beklagten, zur Abho...

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