Leitsatz (amtlich)
1. Ein ausländischer Hersteller wirkt an einer im Inland begangenen Patentverletzung mit, wenn er die Benutzung eines patentgeschützten Gegenstands durch einen Dritten im Inland durch eigenes pflichtwidriges Verhalten ermöglicht, obwohl für ihn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die solche patentverletzenden Handlungen des Dritten als naheliegend erscheinen lassen (Anschluss an BGHZ 182, 245 - MP3-Player-Import; BGHZ 215, 89 - Abdichtsystem).
2. Weiß ein Hersteller von Zubehörteilen, dass sein Abnehmer die an ihn gelieferten Teile in Produkten verbaut, die sodann in die europäische Union geliefert werden, dann muss er der Berechtigungsanfrage eines deutschen Herstellers, der darauf verweist, dass sein konkret bezeichnetes deutsches Patent durch bestimmte Zubehörteile des ausländischen Herstellers im Inland verletzt sei, entnehmen, dass die in Rede stehenden Zubehörteile durch seine Abnehmer auf den deutschen Markt gelangt sind.
Normenkette
BGB §§ 242, 259f; PatG § 9 S. 2 Nr. 1, § 139 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 22.05.2015; Aktenzeichen 315 O 110/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 22.05.2015 (Az. 315 O 110/13) wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Tenor des landgerichtlichen Urteils
- zu Ziffer I.1. dahingehend ergänzt wird, dass am Ende der Halbsatz eingefügt wird: "wie in der Anlage B&B 21, S. 9, und in der Klagschrift auf S. 8 bildlich dargestellt" und
- zu Ziffer I.2. dahingehend ergänzt wird, dass am Ende der Halbsatz eingefügt wird: "soweit die Beklagte zu 1) nicht bereits mit den als Anlage B 15, B 17 und B 18 eingereichten Schreiben (nebst Anlagen) Rechnung gelegt hat.
Die Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1) darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 EUR bezogen auf Ziffer I.1. und in Höhe von 25.000 EUR bezogen auf Ziffer I.2. des landgerichtlichen Urteilstenors abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der zu vollstreckenden Kosten des Rechtsstreits darf die Beklagte zu 1) die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus den Urteilen jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen der Berufung noch darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) Ansprüche aufgrund einer Patentverletzung zustehen.
Die Klägerin ist Inhaberin des am 6. August 1999 angemeldeten deutschen Patents 199 37 195 B4 (nachfolgend auch: "Streitpatent" oder "Klagepatent"). Es betrifft Ultraschallwandler, die als Teil von Kraftfahrzeugeinparkhilfesystemen eingesetzt werden. Derartige Ultraschallwandler werden in die Fahrzeugstoßstangen eingebaut und funktionieren dergestalt, dass eine Membran mittels eines Piezoelements zum Schwingen gebracht wird und daraufhin Ultraschallwellen aussendet. Diese werden, wenn sich in der Nähe ein Gegenstand befindet, reflektiert. Die Membran wandelt die reflektierten Ultraschallwellen sodann in ein Spannungssignal um, und anhand des zeitlichen Abstands zwischen dem Absenden der Ultraschallwellen und dem Empfangen der reflektierten Wellen kann dann der Abstand zwischen Fahrzeug und dem Gegenstand ermittelt werden.
Der Patentanspruch 1 des Streitpatents, auf den die Patentansprüche 2 bis 10 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen sind, hat folgenden Wortlaut:
"1. Ultraschallwandler (1) mit einem Gehäuse (2), mit einer Membran (3), mit einem an der Membran (3) angeordneten Piezoelement (13), mit einem gummiartig ausgebildeten, die Membran (3) in dem Gehäuse (2) haltenden Halteelement (4) und mit einem mit dem Piezoelement (13) verbundenen Leiterbahnelement (14), wobei das Halteelement (4) einen ersten Abschnitt zur Abdichtung gegenüber dem Gehäuse (2) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das Halteelement (4) einen weiteren, sich an den ersten Abschnitt anschließenden und das Gehäuse in axialer Richtung überragenden zweiten Abschnitt mit einem Konus (5) aufweist, wobei der Konus im Bereich seines sich verjüngenden Endes die Membran (3) dichtend aufnimmt und zur dichtenden Anlage gegen eine den Ultraschallwandler (1) aufnehmende Halterung (24) vorgesehen ist und wobei die Membran (3) das Gehäuse (2) und den Konus (5) in axialer Richtung überragt."
Auf die im landgerichtlichen Urteil dargestellte Merkmalsgliederung (S. 4 des landgerichtlichen Urteils, siehe auch unten Ziff. II. 2.b) wird verwiesen.
Die in der Republik China (Taiwan) ansässige Beklagte zu 1) stellt in Produktionsstätten in China und Taiwan Autoteile und Autozubehör her, darunter ...