Leitsatz (amtlich)
1. Wird im Rahmen eines werblichen Gewinnspiels auf Teilnahmebedingungen verwiesen, welche an unüblicher und unzugänglicher Stelle, nämlich auf der Innenseite der Versandtasche der Werbesendung abgedruckt sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie tatsächlich in relevantem Umfang zur Kenntnis genommen werden.
2. Die Koppelung von Warenbestellung und Gewinnspiel ist nach § 1 UWG unzulässig, wenn die angeschriebenen Endverbraucher dazu aufgefordert werden, mit der Gewinnanforderung gleichzeitig eine Warenbestellung aufzugeben.
3. Auch nach Wegfall der Zugabeverordnung kann sich die Kopplung einer Warenbestellung mit der Gewährung von „Zugaben” als unlauter gem. § 1 UWG erweisen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Wert der „Zugaben” den Preis für die Warenbestellung deutlich überschreitet. Auf diese Weise wird auf die Entschließungsfreiheit des Kunden einwirkt, so dass dieser seine Kaufentscheidung nicht mehr im Hinblick auf die Güte und Preiswürdigkeit der beworbenen Ware trifft, sondern in erster Linie zur Erlangung der „Zugabe”. Dies ist auch nach Wegfall der Zugabeverordnung als unlauter zu bewerten.
4. Wird einem Kunden suggeriert, nur er erhalte eine besondere Vergünstigung (Preisermäßigung), d.h. eine Bevorzugung gegenüber anderen Kunden, obwohl die beworbene Vergünstigung einer Vielzahl von Werbeadressaten angeboten wird, liegt darin eine Täuschung des Kunden über den wirklichen Wert des Angebots, oder zumindest eine unzureichende Information über das Angebot. Die damit verbundene sachwidrige Bestimmung des Kunden zum Kauf widerspricht -auch nach dem Wegfall des Rabattgesetzes- dem Leitbild des Leistungswettbewerbs, so dass ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliegt.
Normenkette
UWG §§ 1, 3
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 978/00) |
Tenor
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.338 Euro (= 30.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch. Bei dem jetzigen Kläger (nachfolgend: VZBV), handelt es sich um den Dachverband der 16 Verbraucherzentralen sowie 18 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Im VZVB, welcher im November 2000 gegründet worden ist, sind die drei bisherigen Bundesorganisationen, nämlich die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AgV), der Verbraucherschutzverein e.V. (VSV) und die Stiftung Verbraucherinstitut (VI) zusammengeführt worden. Der VZVB ist Rechtsnachfolger dieser drei Organisationen und wird vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft institutionell gefördert. Er ist in der vom Bundesverwaltungsamt geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Gemäß § 2 seiner Satzung bezweckt der VZBV, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen, indem er u.a. Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), gegen das BGB wegen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen und gegen andere Verbraucherschutzgesetze durch geeignete Maßnahmen kollektiven Rechtsschutzes unterbindet, erforderlichenfalls auch durch Einleitung gerichtlicher Maßnahmen.
Der vormalige Kläger, …, war ebenfalls ein rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrzunehmen hatte und gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgegangen ist. Er wurde seit 1974 vom Bundesministerium für Wirtschaft voll institutionell gefördert. Seine Klagebefugnis war sowohl instanz- als auch obergerichtlich anerkannt (so z.B. in BGH v. 13.2.1992 – I ZR 79/90, MDR 1992, 1142 = WRP 1992, 380 – Beitragsrechnung; v. 16.12.1993 – I ZR 285/91, MDR 1994, 786 = WRP 1994, 262 – Lexikothek; BGH WRP 1998, 1068 – Verkaufsveranstaltung in Aussiedlerwohnheim; BGH v. 12.7.2000 – XII ZR 159/98, MDR 2000, 1233 f.). Der jetzige Kläger ist aufgrund Verschmelzung vom 23.4.2001 Rechtsnachfolger des vormaligen Klägers geworden (Anl. K 9). Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen mit Sitz in den Niederlanden. Ihr Geschäftsführer ist in Österreich ansässig. Am 5.6.2000 führte die Beklagte eine Mailingaktion durch, welche an Empfänger in der Bundesrepublik Deutschland gerichtet war (Anl. K 1–K 4 sowie K 8).
Die versandten Unterlagen enthielten u.a. eine Gewinnmitteilung mit einem sog. Gewinnschein. Auf einem der Werbeblätter, welches in Form eines persönlichen Anschreibens gehalten war, hieß es unter der Überschrift „DRINGENDE MELDUNG” u.a.:
„Liebe Frau S.,
Ich wende mich direkt an Sie, um Sie offiziell zu informieren, dass sie von der Geschäfts- und Finanzleitung einstimmig als Gewinnerin in der großen Belohnungsaktion vom …-Versand bestätigt wurden:
SIE ERHALTEN EINEN SCHECK!*
Ja, so ist es! Das kann Ihnen keiner mehr wegnehmen und der 1. Sonderpreis ist
EIN SCHECK ÜBER 15.000 DM!”
Das ist ein gewaltiger Betrag. Haben Sie deshalb Verständnis, d...