Leitsatz (amtlich)
Die Werbung mit der Angabe "Testsieger" ist eine unzulässige Alleinstellungsbehauptung, wenn in der Werbung nicht darauf hingewiesen wird, dass das beworbene Produkt sich den behaupteten "ersten Platz" im Testergebnis mit weiteren, gleich gut bewerteten Produkten teilt. Die Entscheidung "Schachcomputerkatalog" des BGH (GRUR 2003, 800) steht dieser Annahme nicht entgegen, weil sie den Werbenden nur in solchen Fällen von der Pflicht zum Nachweis seiner Alleinstellung ausnimmt, in denen das in der Werbung verwendete Prädikat - wie vorliegend nicht - tatsächlich vergeben wurde.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, §§ 5, 8; HWG § 3
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 27.08.2012; Aktenzeichen 408 HKO 103/12) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, vom 27.8.2012, Geschäfts-Nr. 408 HKO 103/12, wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage gegen Werbung der Antragsgegnerin für ein Blutzuckermessgerät.
Die Antragstellerin vertreibt das Blutzuckermessgerät O.. Die Antragsgegnerin vertreibt das Blutzuckermessgerät A.. Die Stiftung Warentest hat 16 Blutzuckermessgeräte getestet und die Ergebnisse in der Zeitschrift "test", Ausgabe Juli 2012, veröffentlicht (Anlage AS 1). Hierbei haben die Geräte der Antragstellerin, der Antragsgegnerin sowie das Gerät F. am besten, nämlich mit dem Testurteil "gut" und der Gesamtnote 1,7 abgeschnitten.
Die Antragsgegnerin hat für ihre Produkte wie aus den Anlagen AS 2 bis AS 5 ersichtlich geworben, in denen es u.a. heißt, das Gerät der Antragsgegnerin sei "Testsieger" oder es habe "den ersten Platz belegt". Die Abmahnung der Antragstellerin vom 6.7.2012 (Anlage AS 8) hat die Antragsgegnerin unter dem 9.7.2012 zurückgewiesen (Anlage AS 9).
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Werbung der Antragsgegnerin sei irreführend. Von einem "Testsieger" erwarteten die Verkehrskreise, dass das so getestete Produkt als alleiniges bestes abgeschnitten habe, wenn nicht zugleich darauf hingewiesen werde, dass zwei weitere Produkte gleichfalls als beste bewertet worden seien. Der geteilte Sieg sei die Ausnahme, auf die besonders hinzuweisen sei. Vorliegend habe die Stiftung Warentest einen alleinigen "Testsieg" oder einen alleinigen "ersten Platz" nicht vergeben. Vielmehr hätten alle drei Geräte gleich gut abgeschnitten. Die Reihenfolge der Nennung im Testbericht sei rein alphabetisch. Es gebe also nicht "einen strahlenden Sieger", sondern ein "Spitzentrio". Es liege also tatsächlich nur eine Spitzenstellung des beworbenen Produkts vor, nicht die behauptete Alleinstellung.
Die Antragstellerin hat beantragt, es der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel im Wege der einstweiligen Verfügung zu verbieten,
1. geschäftlich handelnd über das Blutzuckermessgerät A. unter Bezugnahme auf die im Heft "test" (Ausgabe: 7/2012) veröffentlichte Untersuchung der Stiftung Warentest von 16 Blutzuckermessgeräten in der Werbung und/oder in Pressemitteilungen zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,
a) es sei Testsieger und/oder
b) es habe den ersten Platz belegt und/oder
2. geschäftlich handelnd das Blutzuckermessgerät A. mit dem nachfolgend abgebildeten Logo zu bewerben und/oder bewerben zu lassen:
[es folgt das Logo der Stiftung Warentest mit der Aufschrift "TESTSIEGER GUT (1,7) Im Test: 16 Blutzuckermessgeräte Ausgabe 7/2012 www.test.de"]
wenn dies jeweils wie in den Anlagen A, B, C, D und/oder E geschieht.
Das LG Hamburg, Zivilkammer 15, hat am 17.7.2012 antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen.
Im Widerspruchsverfahren hat die Antragsgegnerin beantragt, die einstweilige Verfügung aufzuheben, den auf ihren Erlass gerichteten Antrag insoweit zurückzuweisen und der Antragstellerin die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin hat vorgetragen: Die angegriffene Werbung sei nicht irreführend. Der BGH habe in der Entscheidung "Schachcomputerkatalog" (WRP 2003, 1111) entschieden, dass die Werbung mit einem Testergebnis keine Alleinstellungswerbung sei und der Werbende nicht darüber informieren müsse, ob er sich das Prädikat mit Wettbewerbern teilen müsse oder wie groß der Abstand zu den Produkten der Wettbewerber sei. Das von der Antragstellerin behauptete abweichende Verkehrsverständnis stehe mit dieser Rspr. nicht in Einklang.
Hierauf hat die Antragstellerin erwidert: Die "Schachcomputerkatalog"-Entscheidung des BGH betreffe einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. Dort habe es nur einen "Weltmeister" gegeben, der auch als solcher gekürt worden sei, nämlich das Programm Mchess Pro 5.0, hinter dem das Programm "Chessgenius" auf dem zweiten Platz gelandet sei.
Das LG Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, hat mit am 27.8.2012 verkündeten Urteil die einstweilige Verfügung bestätigt. Hierbei hat das LG den Hinweis auf die Anlagen wie folgt neu gefasst: "wenn dies jeweils wie in den Anlagen A, B, C (Anl. B un...