Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung einer Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten aufgrund unternehmerischer Entscheidungen
Leitsatz (amtlich)
Unternehmerische Entscheidungen, die zu einer deutlichen Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten führen, sind unterhaltsrechtlich zu respektieren, wenn sie plausibel und nachvollziehbar begründet werden.
Normenkette
BGB §§ 1361, 1603
Verfahrensgang
AG Hamburg-Wandsbek (Urteil vom 24.05.2006; Aktenzeichen 731 F 226/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG Hamburg-Wandsbek, FamG, vom 24.5.2006 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Getrenntlebensunterhalt für die Zeit vom 1.9.2005 bis zum 31.12.2005 i.H.v. jeweils 644 EUR nebst Zinsen ab dem jeweils dritten Werktag eines jeden Monats i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin Getrenntlebensunterhalt für die Zeit vom 1.1.2006 bis zum 31.10.2006 i.H.v. jeweils 545 EUR nebst Zinsen ab dem jeweils dritten Werktag eines jeden Monats i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin Getrenntlebensunterhalt monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag eines jeden Monats für die Zeit ab dem 1.11.2006 i.H.v. jeweils 519 EUR nebst Zinsen ab dem jeweils dritten Werktag eines jeden Monats i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Weiter wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 489 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.8.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Wegen des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Der Beklagte hat auf Anforderung des Gerichts mit Anlagenkonvolut B 24 vollständige Gehaltsabrechnung für die Monate Januar 2004-September 2006 vorgelegt.
Hieraus ergibt sich für das Jahr 2004 ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von 4.161,75 EUR; für das Jahr 2005 von 3.629,92 EUR; für die ersten 9 Monate des Jahres 2006 von 2.954,49 EUR.
Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte eine Berechnung seiner Unterhaltsverpflichtung ausgehend von diesen Einkünften.
Er ist der Auffassung, dass er sich nicht an dem in dem Entwurf einer Scheidungsfolgenvereinbarung aufgeführten Einkunftsbetrag von 4.880 EUR/mtl. festhalten lassen müsse, sondern vielmehr von seinen belegten tatsächlichen Einkünften auszugehen sei.
Weiterhin sei auch für die Zeit ab Juni 2005 von seinen tatsächlichen Einkünften auszugehen: Die zu diesem Zeitpunkt erfolgte Reduzierung seiner Arbeitszeit um 20 % bei gleichzeitiger und entsprechender Aufstockung der Arbeitszeit seiner Lebensgefährtin, der Steuerfachgehilfin Grabsch, sei keineswegs vorgenommen, um sein Einkommen im Hinblick auf Unterhaltsansprüche der Klägerin zu reduzieren, sondern vielmehr betrieblich notwendig gewesen, wegen der Einzelheiten des entsprechenden Vortrags wird auf S. 4-6 der Berufungsbegründung vom 25.8.2006 Bezug genommen.
Hinsichtlich der privaten Nutzungsanteile des auf die Steuerberatungsgesellschaft zugelassenen und von dem Beklagten genutzten Pkw Volvo XC sei seinem Einkommen ein monatlicher Gebrauchsvorteil von nicht mehr als 280 EUR hinzuzurechnen.
Weiter seien seine Einkünfte um Leistungen auf im Zusammenhang mit dem Erwerb der GARANT Steuerberatungsgesellschaft aufgenommene Darlehen zu bereinigen; wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf S. 4-5 des Schriftsatzes des Beklagten vom 31.10.2005 Bezug genommen.
In gleicher Weise abzusetzen sei eine Unterdeckung der im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehenden vermieteten Eigentumswohnung (S. 3, 4 des Schriftsatzes des Beklagten vom 31.10.2005).
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte bisher nicht wie unterhaltsrechtlich möglich 24 % seines Bruttoeinkommens zur Altersvorsorge einsetze (S. 7 der Berufungsbegründung vom 25.8.2006).
Mit am 2.11.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz schließlich macht der Beklagte geltend, dass die Klägerin seit ca. 2 ½ Jahren in einer neuen verfestigten Partnerschaft lebe.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des AG-Hamburg Wandsbek vom 24.5.2006 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit der Beklagte zur Zahlung eines höheren Getrenntlebensunterhalts als monatlich 196 EUR ab dem 1.8.2005 bzw. ab dem 1.11.2006 von mehr als 170 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung: Insbesondere sei das AG zutreffend von dem im Rahmen der letztlich gescheiterten Vergleichsverhandlungen zugrunde gelegten Nettoeinkommen des Beklagten von 4.880 EUR ausgegangen; jedenfalls aber sei die Reduzierung seiner Arbeitszeit im Juni...