Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen der Abrechnung eines KfZ-Schadens auf Neuwagenbasis
Leitsatz (amtlich)
Von einer spurenlosen Auswechselung beschädigter Teile, die zur Zumutbarkeit einer bloßen Reparatur führen und einer Abrechnung eines KfZ-Schadens auf Neuwagenbasis entgegenstehen könnte, kann dann nicht mehr die Rede sein, wenn die erforderliche Reparatur tragende Teile betrifft, die am Fahrzeug verbleiben und durch Richten oder Schweißen in Stand gesetzt werden müssen. Denn auch bei technisch einwandfreier Reparatur wird ein Fahrzeug durch solche Rückverformungsmaßnahmen nicht vollständig in den vom Hersteller gefertigten Ursprungszustand versetzt, so dass es bei derartigen Beschädigungen seinen "nagelneuen" Charakter, dem nach der Verkehrsanschauung gerade ein gewisser Vermögenswert zukommt, verliert.
Normenkette
PflVG § 3 Nr. 1; AuslPflVG § 6 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1; BGB § 249
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 13.04.2007; Aktenzeichen 331 O 79/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 31, vom 13.4.2007 - Geschäftsnummer 331 O 79/06 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird über die in der angefochtenen Entscheidung ausgesprochene Verurteilung von 2.592 EUR (Mietwagenkosten) sowie 361,90 EUR (Rechtsanwaltskosten) nebst Zinsen hinaus verurteilt, an die Klägerin weitere
I. 88.940,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.9.2005 Zug um Zug gegen Übereignung des verunfallten Kraftfahrzeugs des Herstellers BMW Typ M 6 Coupé mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WWSEH91090B7777580
II. Anwaltskosten i.H.v. 823,03 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.4.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 15 % und der Beklagte 85 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden insgesamt dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Art und Weise der Behebung eines Unfallschadens vom 15.7.2005, für den der Beklagte als Quasi-Haftpflichtversicherer des Schädigers dem Grunde nach vollen Umfangs einzustehen hat.
Die Klägerin begehrt Schadensersatz auf Neuwagenbasis wegen Beschädigung ihres BMW M 6 Coupé, den sie zum Preis von 97.379,30 EUR netto zzgl. Überführungs- und Zulassungskosten als Geschäftsfahrzeug erworben hatte. Das Fahrzeug war am Tag vor dem Verkehrsunfall erstmals zum Verkehr zugelassen worden und wies zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von jedenfalls nicht mehr als 607 km auf.
Der Beklagte regulierte den Schaden zunächst nach Maßgabe des als Anlage K 9 vorgelegten Schreibens der mit der Schadensabwicklung beauftragten A. Versicherungs-AG vom 26.9.2005. Danach wurde die verlangte Abrechnung auf Neuwagenbasis abgelehnt. Bezahlt wurden demgegenüber die von dem Sachverständigen T. in seinem Schadensgutachten (Anl. K 10) kalkulierten Reparaturkosten i.H.v. netto 5.379,38 EUR, die der Klägerin für die Erstellung eines eigenen Gutachtens in Rechnung gestellten Kosten des Sachverständigen Te. (Anl. K 8) i.H.v. netto 585,45 EUR zzgl. einer Wertminderung i.H.v. 3.500 EUR sowie einer Kostenpauschale von 20 EUR, insgesamt somit ein Betrag i.H.v. 9.484,83 EUR. Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Te. (Anl. K 4) hatte den Reparaturaufwand auf insgesamt 5.653,68 EUR netto beziffert, wobei sich dieser Betrag aus Arbeitslohn i.H.v. 949,83 EUR, Nebenkosten i.H.v. 88,70 EUR, Lackierkosten i.H.v. 1.171,31 EUR sowie Ersatzteilkosten i.H.v. 3.443,84 EUR zusammensetzte. Für die Instandsetzung der A-Säule links wurde ein Arbeitsaufwand von einer Stunde und zwölf Minuten mit einem Kostenanteil von 92,04 EUR kalkuliert. Ergänzend wird zu den Einzelheiten des Schadensumfangs auf die Anl. K 4 und K 10 Bezug genommen.
Nachdem mit der dem Beklagten am 5.4.2006 zugestellten Klage zunächst Neuanschaffungskosten für ein gleichwertiges Fahrzeug i.H.v. 107.342,62 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Unfallfahrzeugs sowie Anwaltskosten i.H.v. 1.301,05 EUR verlangt worden waren, ließ der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem LG am 2.2.2007 auf die Reparaturkosten weitere 137,08 EUR zzgl. Zinsen bezahlen.
Die Klägerin hat darauf in erster Instanz beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere I. 88.940,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2005 Zug um Zug gegen Übereignung des verunfallten Kraftfahrzeugs des Herstellers BMW Typ M 6 Coupé mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WBSEH 91090 B 777758 0,
II. 2.592 EUR (Mietw...