Leitsatz (amtlich)

1. Eine erlaubnispflichtige unmittelbare Förderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten in Form der Rechtsberatung im Einzelfall ist bei einer Postwurfsendung des Mietervereins an Nichtmitglieder nicht gegeben, wenn in dem Mailing die in dem Wohnblock der Empfänger anstehenden Wärmedämmarbeiten zwar angesprochen werden, aber dabei nur abstrakt auf Unterschiede zwischen Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten und deren rechtlichen Folgen verwiesen und allgemein empfohlen wird, etwaige Beeinträchtigungen nach Datum, Dauer und Art zu notieren und die Postwurfsendung nicht persönlich, sondern an die "Mieter der Wohnanlage..." adressiert ist. Auch das beigefügte Beitrittsformular für den Fall einer gewünschten konkreten Auskunft macht deutlich, dass die Rechtsberatung im konkreten Einzelfall erst nach Erwerb der Mitgliedschaft gewährt wird.

2. Steht bei der Postwerbesendung die Werbung um Mitgliedschaft im Vordergrund, so wird insoweit auch nicht gegen das Werbeverbot (§ 1 Abs. 3 2. AVO zum RBerG) verstoßen. Es geht nicht um einen Fall, der mit dem der Anwaltswerbung um ein Einzelmandat (§ 43b BRAO) vergleichbar wäre.

 

Normenkette

BRAO § 43b; RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 2. AVO; RBerG § 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 07.12.2004; Aktenzeichen 312 O 1020/04)

 

Tenor

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12 vom 7.12.2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der in der Berufungsverhandlung vom 14.4.2005 gestellte Verfügungsantrag zurückgewiesen wird.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 25.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ist die berufsständische Organisation der im Bezirk des OLG Hamburg zugelassenen Rechtsanwälte (§ 60 BRAO); zu den Aufgaben ihres Vorstandes gehört es, die Belange der Kammer zu wahren und zu fördern (§ 73 Abs. 1 S. 2 BRAO).

Der Antragsgegner ist einen Interessenverband mit der satzungsgemäßen Aufgabe, Mieter zum Zwecke der gemeinschaftlichen Interessenvertretung zusammenzuführen und Verbraucher in Miet- und Wohnungsangelegenheiten zu schützen, u.a. durch Mieterberatung ggü. seinen Mitgliedern (Anlage ASt 1).

Der Antragsgegner hat sich per Postwurfsendung an alle Mieter der Wohnanlage ...-Weg Nr. ... in Hamburg, gewandt (Anlage ASt 2).

Die Antragstellerin beanstandet das als wettbewerbswidrigen Verstoß gegen das RBerG. Sie nimmt deswegen den Antragsgegner im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

Anlass für die Postwurfsendung des Antragsgegners war der Umstand, dass die Vermieterin der Wohnanlage ...-Weg Nr. ..., die Z-... Genossenschaft, ihre Mieter über bevorstehende Wärmedämmarbeiten und über eine deswegen zu gewährende Mietminderung für die Zeit der Baumaßnahmen in einem Schreiben informiert hatte (Anlage ASt 3).

Die Postwurfsendung des Antragsgegners an die Mieter der Wohnanlage ...-Weg Nr. ... bestand aus einem Anschreiben (Anlage ASt 2 S. 1) nebst Antwortkarte ("Beitrittserklärung": Anlage AG 6), dem Muster für ein "Mängel/Lärmprotokoll" (Anlage ASt 2 S. 2) und aus einem Werbeblatt (Anlage ASt 2 S. 3).

In dem Anschreiben des Antragsgegners (Anlage ASt 2 S. 1) heißt es unter Bezugnahme auf die Modernisierungsarbeiten u.a.:

"Die Frage, ob Ihrerseits eine Duldungspflicht ggü. den geplanten Maßnahmen besteht, kann nur im Einzelfall geklärt werden. Ebenfalls kann geprüft werden, ob es sich bei den geplanten Arbeiten um Modernisierungs- oder um Instandhaltungsmaßnahmen handelt. Modernisierungsarbeiten führen zu einer Mieterhöhung, Instandsetzungsarbeiten nicht. Modernisierungen wie auch Instandsetzungen sind in der Regel mit Beeinträchtigungen, wie z.B. Lärm und Schmutz, verbunden. Sind diese Beeinträchtigungen erheblich, steht dem Mieter ein Minderungsrecht zu. Die Höhe der Minderung richtet sich nach der Beeinträchtigung.

Verschenken Sie kein Geld!

Sollten Sie Auskünfte durch uns wünschen, senden Sie uns bitte die beiliegende Karte ausgefüllt und unterschrieben zu und vereinbaren Sie mit uns einen persönlichen Beratungstermin...".

In dem der Postwurfsendung beigefügten Werbeblatt des Antragsgegners (Anlage ASt 2 S. 3) heißt es u.a.:

"Wir helfen Ihnen, wenn... Sie eine Mieterhöhung bekommen, Sie eine Heiz- oder Betriebskostenabrechnung bekommen, Sie Mängel in der Wohnung haben...

Im IM e.V. werden Sie von Rechtsanwälten und fachkundigen Mitarbeitern in allen mietrechtlichen Angelegenheiten beraten. Unsere Bürozeiten... Bei einem Mitgliedsbeitrag i.H.v. 39,50 EUR für jeweils 12 Monate (monatlich 3,20 EUR) vertreten wir Sie in allen außergerichtlichen Angelegenheiten mit dem Vermieter bzw. der Verwaltung. Wir bieten für die gerichtliche Auseinandersetzung eine Miet-Rechtsschutzversicherung an...".

Die Antragstellerin hat beantragt (ursprünglich angekündigte Antragsfassung: Bl. 2), den Antragsgegner zu verurteilen, es ...

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