Leitsatz (amtlich)

1. Voraussetzung für eine konkludente Einwilligung in die Veröffentlichung eines Bildnisses ist, dass dem Abgebildeten Zweck, Art und Umfang der geplanten Veröffentlichung bekannt ist. Ob der Abgebildete ggf. mit einer Bildveröffentlichung in einem Presseartikel im Zusammenhang mit einem bestimmten Ereignis rechnen konnte oder musste, ist nicht entscheidend.

2. Der Umstand, dass ein Foto bei einem Ereignis der Zeitgeschichte aufgenommen worden ist, rechtfertigt seine Veröffentlichung nicht, wenn sich der Artikel nicht mit dem Ereignis befasst und auch nicht erkennen lässt, wo die Aufnahme entstanden ist.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 18.03.2011; Aktenzeichen 324 O 555/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 18.3.2011, Geschäftsnummer 324 O 555/10, wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 u. 2 ZPO:

I. Mit dem angefochten Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, das im Tenor der landgerichtlichen Entscheidung abgebildete die Klägerin zeigende Foto zu veröffentlichen, zu verbreiten und/oder veröffentlichen oder verbreiten zu lassen, wie am 2.8.2010 in der Printausgabe des S., Seite 15, bzw. unter www.s.de geschehen, sowie an die Klägerin Abmahnkosten i.H.v. insgesamt EUR 610,11 nebst Zinsen zu zahlen.

Die Klägerin ist beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband tätig. Sie begleitete den Vorstandsvorsitzenden der Partei DIE LINKE, Herrn Klaus Ernst, mehrfach zu gesellschaftlichen Veranstaltungen. Die Beklagte zu 1) ist Verlegerin des Magazins S.. Die Beklagte zu 2) ist für das inhaltlich übereinstimmende Internet-Angebot unter www.s.de verantwortlich.

In der Printausgabe des S. vom 2.8.2010 veröffentlichte die Beklagte zu 1) auf Seite 15 unter der Überschrift "LINKE - Probleme für Ernst" einen Artikel, welcher sich mit dem Politiker Klaus Ernst und einer Affäre um Abrechnungen von Flugreisen befasst. Die Klägerin wird in diesem Beitrag nicht erwähnt. Dieser Beitrag wird durch eine die Klägerin und Klaus Ernst abbildende Fotografie (Untertitel: "Ernst, Begleiterin") bebildert. Der Beitrag wurde von der Beklagten zu 2) auf www.s.de wortgleich verbreitet. Auch das Bildnis war zugänglich und abrufbar.

Die streitgegenständliche Fotografie entstand am 2.7.2010 bei einem Sommerfest auf Einladung des Bundespräsidenten im Garten des Schlosses Bellevue, auf dem ca. 5.000 Menschen eingeladen waren und bei welchem auf drei Bühnen im Garten des Schlosses etwa 300 Künstler auftraten. Die Veranstaltung wurde medial begleitet; vor und während des Festes wurden sowohl am unmittelbaren Eingang als auch im Umfeld des Veranstaltungsortes Fotos von anwesenden Journalisten gefertigt. Das streitgegenständliche Bildnis wurde im Schlossgarten aufgenommen.

Die Klägerin forderte die Beklagten im August 2010 vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs-/Verpflichtungserklärung auf.

Das LG hat zur Begründung des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent in die streitgegenständliche Veröffentlichung des Fotos eingewilligt habe. Zwar sei angesichts dessen, dass die Klägerin fröhlich in die Kamera blicke, davon auszugehen, dass die Klägerin in die Anfertigung und Veröffentlichung des Bildnisses im Rahmen einer Berichterstattung über das Sommerfest des Bundespräsidenten auf Schloss Bellevue eingewilligt habe und deshalb der Abdruck des Bildnisses zur Illustration einer solchen Berichterstattung zulässig wäre. Die konkludente Einwilligung erstrecke sich aber nicht auf Veröffentlichungen des Bildnisses im anderen Zusammenhang. Die streitgegenständliche Fotoveröffentlichung sei auch nicht gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gerechtfertigt. Zwar handele es sich bei dem Sommerfest des Bundespräsidenten um ein zeitgeschichtliches Ereignis. Über dieses Ereignis werde aber in dem Artikel der Beklagten nicht berichtet, da auf dem Foto nicht zu erkennen sei, wo es aufgenommen wurde, und auch der Textbeitrag keinerlei Informationen über das Sommerfest liefere. Die "Flugreisen-Affäre" des Politikers Klaus Ernst stelle zwar ebenfalls ein zeitgeschichtliches Ereignis dar. Mit diesem Ereignis stehe die Klägerin indes in keinem Zusammenhang, so dass bei Abwägung der widerstreitenden Interessen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin der Vorrang einzuräumen sei.

Die Beklagten bekämpfen das Urteil mit form- und fristgerecht eingelegter Berufung und machen geltend, dass bei sachgerechter Auslegung des Verhaltens der Klägerin von einer konkludent erteilten Einwilligung in die Fotoveröffentlichung auszugehen sei. Bei dem Sommerfest des Bundespräsidenten handele es sich um eine Veranstaltung, die keinen klar fokussierten inhaltlichen Kern habe. Zudem weise das konkret in Rede stehende...

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